Berlin, den 14, November 2024
Liebe Genossinnen und Genossen,
mit den Präsidentschaftswahlen in den USA und dem Koalitionsbruch in Berlin liegt eine sehr turbulente Woche hinter uns, auf die ich noch mal zurückblicken möchte.
Die Ampel-Koalition ist Geschichte. Ich bedauere das, weil ich im Grundsatz das Zusammenwirken von sozialer Verantwortung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz und wirtschaftlicher Vernunft immer befürwortet habe und die Landesregierung in Mainz ja zeigt, dass das auch gut gehen kann.
Aber hier in Berlin ging das aufgrund der ständigen Provokationen von Seiten der FDP nicht mehr. Ich stehe voll hinter der Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesfinanzminister Christian Lindner zu entlassen. Der ehemalige Finanzminister bestand trotz weitreichender Kompromisse, die der Kanzler bereit war einzugehen, auf Maximalforderungen und hat sich damit für die große Verantwortung, die das Ministeramt mit sich bringt, disqualifiziert. Er wollte diese Koalition nicht mehr und hat das in seiner Rede zur Regierungserklärung von Olaf Scholz nochmal sehr deutlich gemacht. Lange, sehr lange hat sich der Bundeskanzler die Verweigerungshaltung Lindners, seine Finanzpolitik an die Realität anzupassen, angeschaut und im Interesse des Landes nach Kompromissen mit FDP und Grünen gesucht, nun war seine Geduld zu Recht am Ende.
Ich persönlich habe über Jahrzehnte gut, vertrauensvoll und an gemeinsamen Inhalten mit der FDP gearbeitet. Deshalb bin ich enttäuscht über diesen Krawall-Kurs von Lindner, der einen Koalitionsbruch provoziert hat. Nach meiner Einschätzung wird sich das für FDP bei den kommenden Bundestagswahlen auch politisch nicht auszahlen. Dass es auch anders geht, beweist Verkehrsminister Volker Wissing, mit dem ich schon hier in Rheinland-Pfalz gut in der Ampel zusammengearbeitet habe und dem ich großen Respekt zolle für seine verantwortungsvolle Entscheidung, weiter im Kabinett mitzuarbeiten. Mit seiner Entscheidung ist er quasi der Kronzeuge, dass die Erzählung Lindners, er habe nicht vorsätzlich das Ende der Koalition gesucht, falsch ist.
Wichtig ist für die nächsten Wochen, dass die amtierende Regierung die Sachentscheidungen, die anstehen, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger umsetzt. Dabei wird es auch auf die Union ankommen.
Ich hoffe sehr, dass man sich dort nicht weiter ausschließlich auf Fundamental-opposition beschränkt, sondern in staatspolitischer Verantwortung für das Land handelt. Auch wenn aktuell sowohl von Friedrich Merz, als auch in der CDU hier in der Region die schrillen Töne überwiegen. Der von Olaf Scholz vorgeschlagene Wahltermin im März war realistisch, allein wegen der bestehenden Fristen und der in allen Parteien notwendigen Vorbereitungen. Es war grotesk, dass der CDU-Parteivorsitzende eine Neuwahl im Januar vorgeschlagen hatte, in seinem Kreisverband aber selbst noch gar nicht nominiert ist und dies – im Rahmen der bestehenden Fristen – für den Januar auch nicht mehr möglich wäre. Gut, dass es mit dem 23. Februar nun gelungen ist, einen Konsenstermin zu finden.
Entscheidender ist, dass wir noch vor der Wahl wichtige Sachentscheidungen treffen. Dazu gehört für mich das überparteilich verhandelte Gesetzespaket zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts. Wir sollten sicherstellen, dass wir bei so einer sensiblen Frage im nächsten Deutschen Bundestag wegen einer etwaigen Sperrminorität von AFD und BSW nicht handlungsunfähig sind. Ebenso erwarten wir, dass notwendige Entscheidungen zur Stärkung der schwächelnden Wirtschaft, zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und zum Kindergeld noch vor der Vertrauensfrage und der damit verbundenen Auflösung des Deutschen Bundestags getroffen werden.
Aber es geht nichts umhin, wir werden Anfang des Jahres 2025 in einen Wahlkampf gehen, der nicht nur wegen der zu erwarten winterlichen Witterung ein harter wird, sondern auch wegen der inhaltlichen Auseinandersetzungen, die anstehen. Für mich ergeben sich aus dem sehr deutlichen Wahlsieg Donald Trumps, den ich als OSZE-Wahlbeobachter in den USA live mitverfolgen konnte, folgende Schlussfolgerungen: Die nächsten vier Jahre werden weltweit politisch noch schwieriger werden, als sie dies sowieso geworden wären. Die Politik der USA wird sprunghafter, egoistischer und in wirtschaftspolitischen Fragen aggressiver. Darauf muss Europa möglichst schnell eine Antwort finden, auch um nicht zum Spielball in den jetzt kommenden Auseinandersetzungen zwischen den USA und China zu werden.
Uns in Deutschland kommt dabei eine Führungsrolle zu. Die kleinlichen Berliner Polit-Streitereien darüber, wer gerade die besten Ideen für die eigene Wählerschaft habe, müssen daher enden. Stattdessen müssen die zentralen Fragen der Wirtschafts- und Verteidigungspolitik gemeinsam gelöst werden. Inhaltlich werden, wie in den USA vorwiegend die Themen Sicherheit und Wirtschaft wahlentscheidend sein. Ich gehe fest davon aus, dass das bei der nächsten Bundestagswahl genauso sein wird.
Und ich werde dafür kämpfen, dass wir mit guten Botschaften bei diesen Themen auf die Wählerinnen und Wähler im Wahlkreis 201 Bad Kreuznach/Birkenfeld zugehen. Wir haben dieses Land besser als viele andere durch die Krise geführt. Mit der Bewältigung der Energiekrise in Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und die deutlich eingedämmte Inflation haben wir dafür auch gute Argumente auf unserer Seite, auch wenn der politische Gegner aktuell einen Überbietungswettbewerb darin bestreitet, wer das Land und seine Menschen am stärksten schlechtredet. Das ist verantwortungslos!
Auch für unseren Wahlkampf an der Nahe dürfen nicht vorrangig gesellschaftspolitische Hauptstadtdebatten im Mittelpunkt stehen, sondern die Frage, wie wir die Lebensumstände der Menschen, der arbeitenden Mitte unserer Gesellschaft, stabilisieren und verbessern können. Vernünftige Energiepreise, Sicherheit vor Bedrohungen in unseren Städten und Gemeinden, bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und Investitionen in Bildung, Infrastruktur und unsere Verteidigung gehören vorrangig dazu. Und wir müssen in der anstehenden Wahl deutlich machen, was auf dem Spiel steht: Wenn wir diesen Wahlkreis verlieren, wird die CDU hier mindestens die nächsten Jahre dominieren und das, obwohl die Kandidatin schon in Ministerverantwortung bewiesen hat, dass mit ihr kein Fortschritt zu erzielen ist. Dass das für die CDU kein Selbstläufer wird, hat unsere Bad Kreuznacher Landratskandidatin Katharina Dahm am letzten Sonntag bewiesen. Mit respektablen 45 Prozent hat sie nach engagiertem Wahlkampf ein sehr gutes Ergebnis erzielt und gezeigt, dass man mit inhaltlichen Angeboten gegen Show-Inszenierungen punkten kann.
Und es muss uns allen klar sein: Wir können, auch angesichts der Verkleinerung des Bundestages, nicht auf die Landesliste setzen: Nur wenn ich den Wahlkreis bei der Bundestagswahl wie 2021 direkt gewinne, werde ich auch dem nächsten Bundestag angehören! Dafür will ich alles tun und bitte um Eure Unterstützung.
Und noch ein klares Wort am Schluss. Ich weiß, dass viele von Euch sich vorstellen könnten, mit Boris Pistorius als Kanzlerkandidat in den Wahlkampf zu ziehen. Ich auch. Aber wir haben einen Bundeskanzler und es ist seine Aufgabe und die der Parteiführung, in der gegebenen Situation die beste Lösung in dieser Frage vorzuschlagen. Ich werde jedenfalls unseren politischen Gegnern nicht den Gefallen tun, hier einen internen oder gar öffentlichen Streit in dieser Personalfrage anzufangen, der uns massiv beschädigen würde. Was ich zu dem Thema zu sagen habe, habe ich hier in Berlin in den letzten Tagen intern sehr deutlich gemacht. Das Thema lösen wir unter uns.
Lasst uns daher gemeinsam mit Blick auf die Bundestagswahl entschlossen und geschlossen antreten. Für Ideen, Formatvorschläge und alle anderen Fragen sprecht mich jederzeit gern an. Zusammen packen wir das!
Ich werde in den nächsten Wochen mit Vorschlägen und Anfragen aus dem Bundestag auf Euch zukommen. Heute habe ich nur eine Bitte: Wir werden im Wahlkampf viel auf Bauzaun-Banner als Werbemittel setzen. Wenn Ihr Ideen und Vorschläge für Orte habt, wo wir solche Banner in den Kreisen Bad Kreuznach und Birkenfeld aufstellen können (möglichst auf Gelände, das Euch selbst gehört), wäre ich für einen Hinweis und eine Erlaubnis dazu dankbar. Bitte schickt mir eine Mailt dazu.
Ich wünsche Euch noch eine gute Rest-Woche und ein schönes Wochenende!
Herzliche Grüße.
Euer Joe
Dr. Joe Weingarten, MdB