MdB Dr. Joe Weingarten: Bericht aus dem Deutschen Bundestag

Berlin, den 27. April 2020

Liebe Genossinnen und Genossen,

nach der Sitzungswoche des Deutschen Bundestages will ich Euch wieder einen Bericht zur Lage mit meinen Einschätzungen geben.

Die wesentlichen Neuerungen waren die Ergebnisse des Koalitionsausschusses am 22. April 2020, vor allem zum Kurzarbeitergeld, zur Steuersenkung für die Gastronomiebetriebe und zu Zuschüssen für Schülerinnen und Schüler. Die grundsätzlichen Ergebnisse könnt Ihr dem beiliegenden Ergebnispapier entnehmen. Die Vorhaben werden jetzt, beginnend in der übernächsten Woche, durch den Bundestag in Gesetzesform gebracht.

Mit dem Ergebnis zum Kurzarbeitergeld können wir nicht voll zufrieden sein. Die beschlossene Stufenregelung bringt nur einem Teil der Betroffenen die angemessene Erhöhung auf 80 oder 87 %. Aber mehr war mit der CDU/CSU im Moment nicht zu erreichen. Wir sollten nicht aufhören, uns weiter für eine allgemeine Erhöhung einzusetzen, gerade wenn, wie zu befürchten ist, einige Branche noch länger von der Kurzarbeit betroffen sein werden.

Der Beschluss zu den Gastronomiebetrieben (Senkung der Mehrwertsteuer auf 7 %) ist nicht verkehrt, aber er bringt keine unmittelbare Entlastung. Denn wo kein Umsatz ist, da werden auch keine Steuern bezahlt und es gibt demzufolge auch keine Entlastung. Wir müssen uns vielmehr überlegen, wie wir darauf reagieren, wenn die Gastronomie noch über weitere Wochen, gar Monate, geschlossen bleiben muss. Damit fiele das gesamte Sommergeschäft aus. Das würden viele Betriebe nicht überleben. Um hier zu helfen, brauchen wir ein umfassendes Konzept mit direkten Zahlungen an die Gastronomen, rechtlichen Erleichterungen für den Betrieb und die Nachfolge von Gastronomiebetreibern. Ich bin dazu im Gespräch mit dem rheinland-pfälzischen Hotel- und Gaststättenverband.

Insgesamt sollten wir bei der Diskussion über Lockerungen von Unternehmensschließungen und öffentlichen Einschränkungen eher vorsichtig vorgehen. Mir hat der Wettbewerb, insbesondere unter den Unionsministerpräsidenten Laschet und Söder, wer die besseren Ideen für noch weitergehende Öffnungen hat, nicht gefallen. Ich unterstütze da die Bundeskanzlerin in ihren Appellen zur Zurückhaltung. Wenn wir jetzt zu weit gehen, zu schnell öffnen, könnten die Ansteckungszahlen Anfang Mai wieder deutlich nach oben gehen und wir müssten wieder zurück rudern. Deshalb: Jetzt bitte vorsichtig sein und erst schauen, ob die jetzt beschlossenen Öffnungen, insbesondere die Öffnung der kleineren Geschäfte, funktioniert. Ich weiß, dass das viele von Euch nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in ihrer persönlichen Lebensführung betrifft. Die Sommer- und Weinfeste, die Kerwen und Vereinsfeste, die unser Land im Sommer so prägen und zu unserem Lebensgefühl an der Nahe, im Hunsrück, an Rhein und Mosel gehören, sind gefährdet, finden nach meiner Einschätzung in diesem Sommer nicht statt. Trotzdem bitte ich Euch: Seid diszipliniert, befolgt die Maskenpflicht und unterstützt die Forderung nach vorsichtiger Öffnung. Es geht um viel, um Gesundheit und Leben unserer Mitmenschen!

Neben den „großen“ politischen Entscheidungen gab es in der letzten Woche auch ein paar Beschlüsse, die nicht ganz so viel Aufmerksamkeit erregt haben, aber auch zur Bekämpfung des Corona-Virus wichtig sind. So sind Bund und Länder überein gekommen, den öffentlichen Gesundheitsdienst zu stärken und pro 20.000 Einwohner bundesweit je ein „Kontaktverfolgungsteam“ bei den Gesundheitsbehörden einzurichten, damit in Folge von Infektionen möglichst schnell geklärt werden kann, mit wem der oder die Betroffene zuletzt Kontakt hatte.

Im Moment erreicht mich eine Vielzahl von Anfragen, von Unternehmenshilfen bis zu rechtlichen Lockerungen. Ich versuche zu helfen und zu vermitteln, wo ich kann. Der Druck auf die Zuschüsse des Bundes, die von der ISB in Mainz bearbeitet werden, lässt nach. Die Bearbeitung war in den ersten vierzehn Tagen nicht gut, viele bekamen weder eine Nachricht, noch Unterstützung. Mittlerweile sind aber über 42.00 Anträge bearbeitet und die Auszahlungen laufen. Jetzt geht es eher um die Gleichbehandlung oder Unterstützung einzelner Branchen. So habe ich mich in dieser Woche an unsere Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler gewandt und darum gebeten, auch Fußpflegern, ähnlich wie den Friseuren, die Öffnung ihrer Betriebe zu ermöglichen, auch wenn sie nicht zu den zertifizierten Podologen gehören.

Ein paar Fragen machen mir im Moment verstärkt Sorgen:

Da ist zum einen die Lage der Künstler/innen und Soloselbständigen. Viele kommen immer mehr in Schwierigkeiten, je länger das Verbot öffentlicher Veranstaltungen dauert. Bislang war ich der Meinung, dass der vorgeschlagene Hilfsweg (Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt mit erweiterter Anerkennung von Miet- und Nebenkosten) ausreicht, weil für einige Wochen Rücklagen da sein müssten. Wenn diese Künstler und anderen Selbständige aber nun über Monate ohne Einkommen sind, wird das nicht reichen. Ich setze mich dafür ein, hier auch direkt von staatlicher Seite finanziell zu helfen.

Immer noch hängt die Frage der Gehaltszuschüsse für Pflegekräfte. Sie sollen mit dem Juli-Gehalt einen Zuschuss von 1.500 Euro bekommen, aber die Finanzierung stockt. Deshalb habe ich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil angeschrieben und ihn um eine allgemein verbindliche rechtliche Regelung für alle Beschäftigten und eine Finanzierung aus Bundesmitteln gebeten. Das wäre aus meiner Sicht gerecht für die Beschäftigten und auch für kleinere Pflegebetriebe, die diese Gehaltszuschüsse so kurzfristig kaum aufbringen könnten.

Wir brauchen auch Hilfen für Studierende. Vielen sind die Minijobs, mit denen sie ihr Studium finanzieren, weggebrochen. Eine Verlängerung und Öffnung der Bafög-Hilfen könnte ihnen helfen. Auch dafür setze ich mich ein.

Ein letzter Punkt: Wir müssen auch über die Krise hinausdenken. Beispielsweise sind viele öffentliche touristische Einrichtungen wie Museen, Besucherbergwerke oder Tierparks genauso vom wirtschaftlichen Einbruch betroffen, wie private Unternehmen. Öffentliche Einrichtungen fallen aber nicht unter den Schutzschirm für die Unternehmen und müssen in der Regel von den – ohnehin belasteten – Kommunen getragen werden. Im Kreis Birkenfeld haben unser Landtagsabgeordneter Hans-Jürgen Noss und ich deshalb vorgeschlagen, solche öffentlichen Einrichtungen aus den Mitteln zu unterstützen, die das Land den Kreisen als Corona-Hilfen zugewiesen hat. Das könnte auch für andere Kreise ein Modell der Hilfe für die betroffenen Ortsgemeinden sein. Und ich habe im Kreis Birkenfeld, im Kreis Bad Kreuznach und im Rhein-Hunsrück-Kreis mehr als zwanzig Museen angeschrieben und sie auf eine mögliche Unterstützung der Stiftung „Lebendige Stadt“ zum Thema „Das beste Heimatmuseum“ aufmerksam gemacht. Auch solche Initiativen können helfen.

Sollten Euch weitere Themen und Hilfsnotwendigkeiten auffallen, zögert nicht, wie bisher auch, mich anzusprechen. Wir können nicht überall in gleichem Maß helfen, aber vieles geht doch.

Bleibt weiterhin gesund und: Herzliche Grüße!

Dr. Joe Weingarten MdB

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