Berlin, den 8. April 2022
Liebe Genossinnen und Genossen,
wieder liegt eine bewegte Woche im Deutschen Bundestag hinter uns – mit vielen wichtigen Debatten und weitreichenden Entscheidung.
Besonders kontrovers wurde am Donnerstag dieser Woche die finale Debatte zur Einführung einer Impfpflicht geführt. Meine Position dazu habe ich schon mehrfach deutlich gemacht: Ich war immer für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren, weil ich das für das wirksamste Mittel halte, im kommenden Herbst und Winter eine erneute Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern und neuerliche Einschränkungen für Gesellschaft und Wirtschaft auszuschließen.
Um zu vermeiden, dass es gar keine Impfpflicht gibt, habe ich den Kompromiss, zunächst eine Impfpflicht für alle Menschen ab 60 Jahren einzuführen, unterstützt. Danach hätten alle Menschen über dieser Altersgrenze bis zum Oktober über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen müssen und alle Bürgerinnen und Bürger zwischen 18 bis 59 Jahren, die nicht geimpft sind, hätten sich verpflichtend beraten lassen müssen.
Ausgenommen davon wären nur Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können und Frauen im ersten Drittel ihrer Schwangerschaft. Zu meinem großen Bedauern hat es im Parlament auch dafür keine Mehrheit gegeben. Dies vor allem, weil die CDU/CSU ihre parteitaktischen Erwägungen über die Bekämpfung der Pandemie und die Rettung von Leben gesetzt hat. Leider keine Sternstunde des Parlaments!
Wir müssen nun gemeinsam mit allen demokratischen Fraktionen im Haus einen Weg finden, wie wir vor dem Hintergrund einer viel zu hohen Zahl von Ungeimpften im nächsten Herbst und Winter eine Überlastung des Gesundheitssystems vermeiden.
Für die Bilder, die uns zu Beginn der Woche aus dem Kiewer Vorort Butscha erreicht haben, fehlen mir fast die Worte. Die barbarische Gewalt, die Zivilisten von russischen Soldaten angetan wurde, ist unmenschlich und stellt ein Kriegsverbrechen dar. Der Verantwortliche dafür sitzt im Kreml, der Kriegsverbrecher Wladimir Putin.
Wir stehen fest an der Seite der Ukraine und werden unsere Unterstützung gemeinsam mit unseren Partnern in der EU und in der NATO weiter ausbauen – auch durch Waffenlieferungen. Gleiches gilt für weitere Sanktionen gegen Russland.
Ich bin aber aktuell gegen einen Gasboykott, weil fehlende russische Erdgasmengen für den kommenden Winter weder für Deutschland, noch für die EU insgesamt einfach ersetzt werden können. Bis Ende des Jahres kann der Anteil russischen Erdgases am Verbrauch in Deutschland auf rund 30 Prozent gesenkt werden, beispielsweise durch den Ankauf von LNG. Bis Sommer 2024 können wir den Anteil des Verbrauchs auf 10 Prozent senken.
Ein schnelles Embargo, das wir dauerhaft durchhalten wollen, würde sehr schnell zu erheblichen Engpässen bei der Gasversorgung führen und zur Unterbrechung von Industrieprozessen führen. Deshalb ist es richtig, hier mit Augenmaß und Weitblick zu agieren, statt schnell Maßnahmen anzukündigen, die auf Grund ihrer Verwerfungen für unsere Wirtschaft und das soziale Gefüge schwierig durchzuhalten sein werden.
Mit dem 27. Bafög-Änderungsgesetz haben wir in dieser Woche einen weiteren Schritt für mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung gemacht. Wesentliches Ziel ist es, die Reichweite des BAföG zu erhöhen, weswegen wir die Freibeträge beim Einkommen um 20 Prozent anheben. Auch die Bedarfssätze, den Kinderbetreuungszuschlag und vor allem den Wohnzuschlag werden wir deutlich erhöhen, sodass der Förderhöchstbetrag von heute 861 Euro auf dann 931 Euro ansteigen wird. Zudem wird die Altersgrenze im BAföG von 30 Jahren bei Beginn einer förderungsfähigen Ausbildung auf künftig 45 Jahre angehoben. So können auch später im Leben getroffene Entscheidungen für eine höher qualifizierende Ausbildung angemessen unterstützt werden. Die digitale Antragstellung wird erleichtert und Verwaltungsaufwand abgebaut. Dieses Gesetz ist der Anfang einer Reihe von Maßnahmen, die wir uns in dieser Legislaturperiode vorgenommen haben, um die individuelle Bildungsförderung weiterzuentwickeln. Ich werde darüber weiter berichten.
Wir haben in dieser Woche auch in 1. Lesung das Pflegebonusgesetz beraten. Die Pandemie hat zu erheblichen Mehrbelastungen in vielen Krankenhäusern und in der Pflege geführt, insbesondere auf den Intensivstationen. Es ist eine Frage des Respekts, die Pflegerinnen und Pflegern, die in den letzten zwei Jahren Außergewöhnliches geleistet haben, nun mit einem Pflegebonus zu würdigen.
Insgesamt stellen wir dafür eine Milliarde Euro zur Verfügung, 500 Millionen Euro für Pflegekräfte in den Krankenhäusern, 500 Millionen Euro für die Beschäftigten in der ambulanten und stationären Langzeitpflege – steuer- und sozialversicherungsfrei.
Damit bedenken wir deutschlandweit 280.000 Pflegekräfte in 837 besonders belasteten Krankenhäusern; die besonders belasteten Intensivpflegekräfte erhalten den höchsten Bonus.
In der ambulanten und stationären Langzeitpflege erhalten Vollzeitbeschäftigte, die in der direkten Pflege und Betreuung der Pflegeeinrichtung arbeiten, bis zu 550 Euro. Auch Azubis, Freiwilligendienstleistende und Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter erhalten einen Bonus. Eine richtige Anerkennung für diejenigen, die seit Pandemiebeginn besonders und unmittelbar belastet sind. Wir müssen uns dabei auf die Bereiche beschränken, die unmittelbar betroffen sind, auch wenn in vielen Bereichen des Gesundheitswesens die Beschäftigten sehr belastet sind.
Ich wünsche Euch entspannte Ostertage im Kreise Eurer Lieben.
Herzliche Grüße
Euer Joe
Dr. Joe Weingarten, MdB