Berlin, den 11. November 2022
Liebe Genossinnen und Genossen,
ich möchte Euch mit meinem heutigen Bericht aus Berlin über die vergangene Sitzungswoche berichten.
Mit dem neuen Bürgergeld überwinden wir Hartz 4 und reformieren den Sozialstaat durch eine der größten Sozialstaatsreformen der letzten 20 Jahre. Wir beseitigen damit aus meiner Sicht wesentliche Ungerechtigkeiten von Hartz 4: Die bis in die Mitte der Gesellschaft reichende Angst, in einer schwierigen Lebenslage die eigene Wohnung oder das Ersparte zu verlieren und die ungerechtfertigte Gleichbehandlung von Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben und arbeitslos werden und jenen, die noch nie etwas für die Gesellschaft geleistet haben. Gleichzeitig bringen wir Menschen mit dem neuen Bürgergeld besser und gezielter in Arbeit, indem wir den Fokus noch mehr auf Aus-und Weiterbildung setzen. Vorrang hat nicht mehr die möglichst schnelle, sondern die möglich langfristige Vermittlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern: Wer keinen Berufsabschluss hat, soll diesen nachholen können, statt kurzfristige Hilfstätigkeiten übernehmen zu müssen. Zudem passen wir die Regelsätze vor dem Hintergrund der Inflation an und sorgen dafür, dass die Preisentwicklung künftig aktueller berücksichtigt wird. Mit dem neuen Bürgergeld setzen wir ein zentrales Versprechen unseres Bundestagswahlkampfs um: Respekt für alle Menschen in unserem Land. Allerdings gibt es aus meiner Sicht auch Kritik am Bürgergeld: Ich finde, dass wir bei den Sanktionen die bisherige Praxis beibehalten hätten sollen. Wer Sozialleistungen aus Steuergeldern erhält, muss daran mitwirken, wieder in Arbeit zu kommen. Und dazu gehört für mich selbstverständlich, Termine im Jobcenter auch konsequent wahrzunehmen.
Als weitere sozialpolitische Maßnahme erhöhen wir das Wohngeld deutlich und weiten den Kreis der Berechtigten aus. Künftig werden vom Wohngeld dann nicht mehr nur 600.000 Haushalte profitieren, sondern 2 Millionen. Im Schnitt wird die Höhe des Wohngelds dann bei rund 370 Euro im Monat liegen und nicht wie bisher bei 180 Euro.Neben den höheren Sätzen liegt das auch daran, dass künftig auch die Heizkosten bezuschusst werden.
Um die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöste Energiekrise zu bekämpfen, haben wir in dieser Woche den befristeten Weiterbetrieb von Atomkraftwerken beschlossen. Die Kernkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 bleiben bis 15. April 2023 am Netz. Ich habe dazu schon mehrfach klar Position bezogen. Der Atomausstieg bleibt grundsätzlich richtig, aber in dieser schwierigen Lage sollten wir alles unternehmen, um die Energieversorgung zu sichern und die Preise zu stabilisieren. Dieses Thema eignet sich nach meiner Auffassung in keiner Weise für die Form der parteipolitischen Inszenierung wie sie von der Union betrieben wird.
Mit dem Inflationsausgleichsgesetz haben wir zudem ein weiteres Gesetz beschlossen, das die mit der Inflation verbundenen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger dämpfen wird. Durch den Ausgleich der so genannten „Kalten Progression“ erreichen wir, dass Lohnsteigerungen bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht zu einer höheren Steuerbelastung führen. Außerdem erhöhen wir den Grundfreibetrag und den Kinderfreibetrag, auch das führt zu weniger Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger. Um Familien mit Kindern effektiv zu entlasten, erhöhen wir zudem das Kindergeld ab 1. Januar 2023 auf einheitlich 250 Euro für jedes Kind.
Zudem möchte ich Euch noch einen kurzen Rückblick auf die Woche davor geben, als ich mit der Parlamentariergruppe „Arabischsprachige Staaten des Nahen und Mittleren Ostens“, deren stellvertretender Vorsitzender ich bin, in Katar und Saudi-Arabien war. In Katar wollten wir uns ein Bild von der wirtschaftlichen und politischen Lage machen, auch im Blick auf die nahende Fußball-Weltmeisterschaft. Es gab in Katar durchaus Verstimmungen über Kritik aus Deutschland, da man der Überzeugung ist, beispielsweise in Sachen Arbeitsschutz viele Fortschritte gemacht zu haben. Das ist zum Teil nachvollziehbar, wir haben aber auch sehr deutlich gemacht, dass für uns die Positionen zu Frauenrechten und Homosexualität inakzeptabel sind und wir auch hier deutliche Fortschritte erwarten. In diesem Zusammenhang ist uns zugesichert worden, dass es für die LGBTQI+-Community, die zur WM reist, keinerlei Einschränkungen oder Behinderungen geben wird. Wir werden das beobachten!
Zweite Station der Arabien-Reise war Saudi-Arabien, wo wir Dschidda , die größte Hafenstadt und die HauptstadtRiad besucht haben. Saudi-Arabien hat sich seit meinem letzten Besuch im Jahr 2015 gewaltig verändert.Das Land wird offener, die Beteiligung von Frauen, auch in der Wirtschaft und der Verwaltung nimmt zu, verschleierte und nicht verschleierte Frauen bewegen sich zeitlich selbstverständlich in der saudischen Gesellschaft. Zudem gibt es große Investitionen in Kunst und Kultur – alles Entwicklungen, die noch vor einigen Jahren undenkbar waren. Selbstverständlich haben wir auch in Saudi-Arabien die kritischen Punkte angesprochen: Der Mord an dem Journalisten Kashoggi ist scharf zu verurteilen und er hat dem Ansehen Saudi-Arabiens in der Welt nachhaltig geschadet. Auch die Rolle Saudi-Arabiens im seit Jahren andauernden Jemen-Krieg belastet die Beziehungen zu Deutschland. Dass wir das alles offen ansprechen und diskutieren konnten, ist wichtig und sinnvoll, denn Saudi-Arabien ist und bleibt wichtiger Partner in der wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit.
Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende.
Herzliche Grüße!
Euer Joe