Berlin, den 2. Dezember 2022
Liebe Genossinnen und Genossen,
gleich zu Beginn: Nun hat es mich auch erwischt. Seit Anfang der Woche liege ich mit Corona flach. Bislang glücklicherweise ein milder Verlauf. Dennoch möchte ich Euch, wenn auch aus der Ferne, berichten, was im Deutschen Bundestag diese Woche verhandelt und beschlossen wurde.
In dieser Woche hat das parlamentarische Verfahren zur Gas- und Strompreisbremse begonnen: Eine schlagkräftige Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger bei Strom, Gas und Wärme. Wir deckeln den Preis für Gas und Wärme von Januar 2023 bis April 2024 auf 12 Cent pro Kilowattstunde, bei Fernwärme auf 9,5 Cent für 80 Prozent des Verbrauchs des letzten Jahres. Allerdings bin ich der Ansicht, dass es bei den Beratungen dazu im Bundestag noch einige Verbesserungen geben muss.
Das gilt zum Beispiel für diejenigen, die mit Öl oder Pellets heizen, denen nach den bisherigen Plänen über einen Härtefallfonds geholfen werden soll, die Auszahlungen sollen über die Jobcenter erfolgen. Das halte ich für nicht ausreichend: Es ist völlig richtig, den Bedürftigsten zu helfen, es gibt aber auch Bürgerinnen und Bürger, die ihr Geld nicht vom Jobcenter beziehen und dennoch mit den massiven Preissteigerungen für Öl und Pellets überfordert sind. Hier müssen wir nachbessern, um keine Ungerechtigkeiten zu schaffen und dafür werde ich mich im parlamentarischen Verfahren, das noch vor der Weihnachtspause endet, einsetzen.
Zur Finanzierung der Strompreishilfen wollen wir überhöhte Gewinne von Stromproduzenten abschöpfen. Ziel ist, bei Konzernen, die hauptsächlich im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätig sind, Geld einzunehmen. Auch hier sehe ich aber noch Verbesserungsbedarf im parlamentarischen Verfahren. Wir dürfen nämlich nicht die Falschen treffen und beispielsweise landwirtschaftliche Biogasanlagen einschränken. Die Investitionen in solche Erneuerbare Energien müssen weiter gehen.
Ein dritter Punkt, bei dem ich Bedarf für Ergänzungen sehe, betrifft die kleinen und mittelständischen Betriebe: Wir sollten noch einmal genau schauen, ob man die Energiehilfen zielgenauer regeln kann, denn unser Mittelstand und das Handwerk sind unsere wirtschaftliche Basis. Ihnen muss schnell und effektiv geholfen werden.
Wir haben bereits zwei Heizkostenzuschüsse für BAföG-Empfängerinnen und -empfänger in Höhe von 230 und 345 Euro sowie eine Energiepreispauschale von 300 Euro für Studierende mit Minijobs auf den Weg gebracht. Nun sorgen wir dafür, dass alle Studierenden und Fachschülerinnen und Fachschüler eine Einmalzahlung von 200 Euro erhalten, um die gestiegenen Lebensmittel- und Energiekosten abzufedern. Die Einmalzahlung ist steuer- und sozialversicherungsfrei und muss beantragt werden. Dafür wird eine digitale Antragsplattform eingerichtet.
Ein Thema, das mich gerade vor dem Hintergrund des schrecklichen Angriffskriegs, den Russland gegen die Ukraine führt, wurde diese Woche ebenfalls behandelt: Vor 90 Jahren, im Winter 1932/1933, erreichte der Holodomor (von ukrainisch „holod“ – Hunger; „moryty“ – umbringen) in der Ukraine seinen schrecklichen Höhepunkt. Millionen von Menschen fielen damals der stalinistischen Hungerpolitik zum Opfer. Bis heute prägt der Holodomor das nationale Bewusstsein der Ukrainerinnen und Ukrainer. Mit einem gemeinsamen Antrag haben die Koalitionsfraktionen und die CDU/CSU-Fraktion das Wissen um dieses Menschheitsverbrechen aufrechterhalten und den Holodomor als Völkermord anerkannt. Das ist gerade in dieser Zeit ein wichtiges Zeichen der Solidarität gegenüber der Ukraine.
Ebenfalls beschlossen haben wir in dieser Woche das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz. Um eine gute Versorgung von Patientinnen und Patienten und bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte zu gewährleisten, werden Krankenhäuser verpflichtet, für mehr Pflegepersonal auf bettenführenden Stationen zu sorgen. Dazu werden schrittweise neue Vorgaben zur Personalbemessung und -besetzung eingeführt. Ziel ist, eine bedarfsgerechte Personalbesetzung für die Stationen zu errechnen und umzusetzen. Dazu soll bis zum 31. Dezember 2025 ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren zur Personalbemessung entwickelt werden. Als Übergangslösung werden kurzfristig Personalvorgaben unter Berücksichtigung der aktualisierten Pflegepersonal-Regelung entwickelt.
Zudem sieht der Gesetzentwurf auch einige Regelungen zur Stärkung der Geburtshilfe. Mir ist das besonders wichtig, weil ich zuletzt häufig von Hebammen aus der Region angesprochen wurde. Mit der vollständigen Berücksichtigung des Personalaufwands für Hebammen im Pflegebudget ab 2025 und einer finanzierten Übergangslösung haben wir die berechtigten Interessen der Hebammen gesetzlich berücksichtigt.
Mit dem Kita-Qualitätsgesetz haben wir in dieser Woche auch für die Kleinsten in unserer Gesellschaft Verbesserungen erzielen können. Mehr Personal in Kitas, Förderung der sprachlichen Bildung und Stärkung der Kindertagespflege: dafür stellt der Bund den Ländern im Rahmen des Kita-Qualitätsgesetzes in den kommenden zwei Jahren vier Milliarden Euro zur Verfügung. Damit beteiligt sich der Bund weiterhin an Verbesserungen und Qualitätssicherung in der Kindertagesbetreuung. Das Kita-Qualitätsgesetz entwickelt das Gute-Kita-Gesetz weiter, mit dem in den vergangenen Jahren bereits viel Gutes erreicht wurde: Etwa bessere Personalschlüssel und mehr kostenfreie Kita-Plätze. Für die Umsetzung des Gesetzes sind die Länder zuständig. Sie können entscheiden, in welche der sieben vorrangigen Handlungsfelder sie die Mittel investieren: Beispielsweise können sie den Fachkraft-Kind-Schlüssel verbessern, damit mehr Zeit für die individuelle Förderung von Kindern bleibt. Sie können auch die sprachliche Bildung in den Kitas stärken, Leitungskräfte entlasten oder die Kindertagespflege als wichtige Angebotssäule ausbauen.
Ich wünsche Euch einen schönen Zweiten Advent und melde mich am Ende der letzten Sitzungswoche des Jahres 2022 wieder bei euch.
Herzliche Grüße – und bleibt gesund!
Euer Joe
Dr. Joe Weingarten, MdB