Berlin, den 8. September 2023
Liebe Genossinnen und Genossen,
die parlamentarische Sommerpause ist vorbei, die erste Sitzungswoche in Berlin absolviert. Wir haben diese Woche in erster Lesung den Bundeshaushalt 2024 debattiert, ein Haushalt der nach den Jahren der Pandemie, der Energiekrise, des Kriegs kein einfacher wird. Deswegen bin ich überzeugt: In diesen herausfordernden Zeiten müssen wir den Spagat schaffen, einerseits gezielt in die Modernisierung unseres Landes zu investieren, Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zu entlasten und nach den großen Ausgaben in den letzten Jahren auch gezielt zu sparen.
Die nun anstehenden Haushaltsberatungen bis zur Verabschiedung des Haushalts im November werden die schwierigsten seit Jahren, weil Ungewissheiten, beispielsweise wie lange der Krieg in der Ukraine noch andauern wird, unkalkulierbar sind. Es ist daher unsere Aufgabe in Berlin, einen Haushalt zu gestalten, der die Schuldenbremse beachtet, der aber gleichzeitig den Herausforderungen der Zeit gerecht wird. So werden wir – und das ist mir als Verteidigungspolitiker besonders wichtig – ab 2024 erstmals wieder das Zwei-Prozent-Ziel der NATO und damit ein lange gegebenes, aber nie gehaltenes Versprechen an unsere Bündnispartner einhalten. Das ist ein richtiges und wichtiges Signal, dass der Haushalt des Verteidigungsministeriums aufwachsen soll, während in vielen anderen Bereichen gespart wird. Die Umsetzung der Zeitenwende muss weiter Priorität haben, konkrete Zusagen gegenüber unseren Bündnispartnern eingehalten werden, damit Deutschland glaubwürdig für die Verteidigung Europas und der Bürgerinnen und Bürger eintreten kann.
Gleichzeitig müssen und wollen wir Menschen und Unternehmen in unserem Land stärker entlasten. Auf der einen Seite, indem unsinnige bürokratische Hürden endlich beseitigt werden. Ich begrüße daher die Initiative von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), den Ländern, den Kommunen und der Opposition einen „Deutschland-Pakt“ zur Modernisierung des Landes vorzuschlagen.
Alle staatlichen Stellen müssen mehr Tempo und Mut zeigen, um das Land von Grund auf schneller, moderner und sicherer zu gestalten. Zum anderen aber auch über die steuerlichen Entlastungen aus dem Inflationsausgleichsgesetz, das Bürgerinnen und Bürger allein 2024 um über 30 Milliarden Euro entlasten wird. Unternehmen profitieren zusätzlich vom Wachstumschancengesetz, durch Forschungsförderung, verbesserte und großzügige Abschreibungsmöglichkeiten unter anderem für den Wohnungsbau und Innovationsanreize für Investitionen in klimafreundliche Technologien.
Ich sehe den Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 als eine gute Grundlage für die anstehenden Haushaltsverhandlungen und werde mich in Berlin für weitere sozialdemokratische Schwerpunkte einzusetzen: So bin ich in den letzten Wochen von vielen Freiwilligendiensten aus der Region auf Mittelkürzungen im Haushaltsentwurf angesprochen worden. Ich bin überzeugt, dass wir in den weiteren Beratungen eine Kürzung der Bundesmittel für die Freiwilligendienste verhindern müssen. Hier erfahren junge Menschen Verständnis und Wertschätzung für die gesellschaftliche Bedeutung von Gemeinsinn. Engagement und sozialem Zusammenhalt, das muss uns ausreichend Geld wert sein.
In dieser Woche haben wir nun auch das viel diskutierte Gebäudeenergiegesetz (GEG), besser bekannt als Heizungsgesetz abschließend beraten und beschlossen. Ich habe Euch regelmäßig über den Fortgang des Gesetzes informiert, insbesondere auch über die Änderungen, für die ich mich eingesetzt habe. Vor der Sommerpause hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, die Beratung des Gebäudeenergiegesetzes zu verschieben, weil der Entwurf den Abgeordneten nicht mindestens 14 Tage vorher schriftlich vorgelegen hat. Das war politisch ärgerlich, aber ich konnte die Entscheidung nachvollziehen.
Ich begrüße den Kern der neuen Heizungsvorschriften ausdrücklich: Die Nutzung von Erdöl und Erdgas wird in den nächsten Jahrzehnten immer teurer werden. Deswegen gilt für neue Gebäude zurecht die zwingende Vorschrift, ab 2024 nur noch Heizungen einzubauen, die zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist werden. Das ist in der Regel eine Wärmepumpe. So wie das in unseren Neubaugebieten jetzt schon
vielfach der Fall ist. Bei bestehenden Gebäuden haben wir eine langfristige Bestandsgarantie erreicht. Schon eingebaute Heizungen können bis längstens 2045 weiter betrieben und auch kaputte Heizungen repariert und weiter genutzt werden. Selbst wenn eine Erdgas- oder Ölheizung irreparabel kaputt geht, gibt es langjährige Übergangsfristen. In der Nahe-Region gelten solche Übergangsfristen, abhängig davon, ob es in den einzelnen Gemeinden eine kommunale Wärmeplanung gibt und unter der Voraussetzung einer nachgewiesenen Fachberatung, bis längstens 30. Juni 2028.
Ab dann sind neue Öl- und Gasheizungen auch im Bestand nur noch zulässig, wenn sie ebenfalls zu 65 Prozent aus Erneuerbaren Energien gespeist werden. Zugleich wird es eine starke Förderung geben. Mindestens 30 Prozent der Kosten für den Umstieg auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung werden auf jeden Fall erstattet, einkommensabhängig kann die Unterstützung bis zu 70 Prozent betragen. Und für Fälle, in denen auch das nicht reicht, wird es eine Härtefallregelung mit einem Verzicht auf den Umbau geben. Das wird aber die absolute Ausnahme sein.
Ich freue mich, dass diese vernünftigen Regelungen erreicht werden konnten. Das gibt vielen Eigentümerinnen und Eigentümern von älteren Häusern in unserer Region mehr Zeit und Planungssicherheit. In den Verhandlungen haben wir als SPD-Bundestagsfraktion auch die Mieterinnen und Mieter in den Blick genommen: Dank eines allgemeinen Kostendeckels bei der Umlage der Investitionskosten eines Heizungstausches sollen sie nicht über Gebühr belastet werden. Maximal 10 Prozent für den Heizungstausch können auf sie umgelegt werden.
Die Haltung der CDU zu diesem Gesetz finde ich höchst problematisch. Die pauschale Ablehnung ohne eigene Alternativen, außer auf mehr Atomkraft zu setzen, ist billig und einer ehemaligen Regierungspartei unwürdig. Die Ampel- muss jetzt zu sehr umfangreichen Maßnahmen greifen, um den viel zu hohen CO2-Ausstoß aus deutschen Heizungen runterzufahren, weil hier in den letzten Jahren so gut wie nichts passiert ist. Jetzt haben wir Planungssicherheit für die nächsten zwei Jahrzehnte und gehen einen wichtigen Bereich der Energiewende endlich an.
Ein Wort möchte ich auch zur Causa Aiwanger verlieren. Der Umgang des bayerischen Wirtschaftsministers und auch von Ministerpräsident Markus Söder mit der Affäre sind beschämend und werfen kein gutes Licht auf unsere Erinnerungskultur. Aiwanger zeigt sich in seinen Statements oberflächlich, selbstgerecht und ohne jede Spur von Reflektion. Es ist komplett unglaubwürdig, sich an ein so fundamentales Ereignis wie die Beschuldigung, an der Erstellung und/oder Verteilung eines antisemitischen Flugblatts nicht erinnern zu können. Es widerspricht auch meiner Lebenserfahrung, ich kann mich nämlich an deutlich geringere Verfehlungen aus der Schulzeit und das Gespräch beim Schulleiter sehr gut erinnern. Söder hätte Aiwanger entlassen müssen.
Meistens berichte ich Euch in diesem Bericht von meiner Arbeit im
Verteidigungsausschuss oder über wirtschaftliche Themen. In dieser Woche hatten wir unsere Klausurtagung der Arbeitsgruppe Kultur und Medien. Neben dem Arbeitsprogramm, das wir für die nächsten Jahre besprochen haben, u.a. eine bessere Förderung der Kultur in den ländlichen Räumen, haben wir auch die Staatsbibliothek Unter den Linden in Berlin besucht. Besonders interessant fand ich die Abteilung zur Digitalisierung der historischen Schriften, wo aktuell zum Beispiel der Nachlass der Gebrüder Grimm bearbeitet wird.
Falls Euch Euer Weg in nächster Zeit mal nach Berlin führt, kann ich Euch einen Besuch der Staatsbibliothek nur empfehlen. Der Besuch ist kostenlos und in der sog. „Schatzkammer“ liegen äußerst sehenswerte Schriften, beispielsweise eine Handschrift des Nibelungenlieds aus dem 15. Jahrhundert und eine Gutenberg-Bibel.
Apropos Berlin: Ende des Jahres werden die vom Bundespresseamt organisierten Berlin-Fahrten für das Jahr 2024 festgelegt. Falls Ihr Interesse an einem Berlin-Besuch habt, meldet Euch gern bei meinen Mitarbeitern im Wahlkreisbüro unter joe.weingarten.wk@bundestag.de.
Schließlich noch ein kurzes Update aus meinen Büros: Seit 1. September haben wir eine neue Kollegin und einen neuen Kollegen: Cathrin Conrad unterstützt mich im Wahlkreis, Pablo Zanon hat in meinem Berliner Büro angefangen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.
Nun wünsche ich Euch ein schönes, spätsommerliches Wochenende.
Herzliche Grüße
Euer Joe
Dr. Joe Weingarten, MdB