Berlin, den 22. März 2024
Liebe Genossinnen und Genossen,
auch in dieser Woche möchte ich Euch von meiner Arbeit berichten.
Ich habe mich in dieser Woche nach einigen Äußerungen der politischen Mitbewerber für eine Versachlichung der Debatte um Kürzungen des Sozialstaats ausgesprochen. Konkret meine ich die Vorstöße aus Reihen der Union, aber auch der FDP, die Sanktionsmöglichkeiten beim Bürgergeld weiter zu verschärfen. Für mich ist das eine Scheindebatte, weil die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld, deren Leistungen wegen Ablehnung von Arbeitsangeboten gekürzt wurden, sehr überschaubar ist. Laut Bundesagentur für Arbeit gab es von Februar 2023 bis Dezember 2023 insgesamt 15.774 Fälle bei insgesamt rund 5,5 Millionen Bezieherinnen und Beziehern von Bürgergeld, von denen 3,9 Millionen als erwerbsfähig gelten.
Ich bin völlig dafür, dass Bürgergeldbezieherinnen und –bezieher aktiv dazu beitragen müssen, ihre Lage zu verändern und selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Geschieht das nicht, sind Sanktionen in Form von Leistungskürzungen angemessen. Das ist im Interesse aller, die arbeiten gehen und über ihre Steuern Sozialleistungen erst erwirtschaften. Es ist jedoch falsch, den Eindruck zu erwecken, als ob das nicht schon geschieht. So berichtet die Bundesagentur für Arbeit für das Gesamtjahr 2023 von rund 226.000 Leistungskürzungen, ein Großteil davon, weil die Betroffenen ohne Angabe eines wichtigen Grundes nicht zu einem Termin beim Jobcenter erschienen sind. Nur 15.774 Fälle von Leistungskürzungen beruhten auf Arbeitsverweigerung. Insgesamt sind laut Auskunft der BA nur 2,6 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (3,9 Millionen) mit Leistungsminderungen in Berührung gekommen. Diese Zahlen zeigen für mich recht deutlich, dass hier mehr parteipolitisch argumentiert wird, anstatt auf der Grundlage von Fakten. Ich werde mich als politisch Verantwortlicher weiter darauf konzentrieren, mehr Menschen in Arbeit zu bringen, anstatt Menschen in einer schweren Lebenslage pauschal zu beschimpfen und würde es begrüßen, wenn sich auch die politische Konkurrenz mehr damit beschäftigt.
Im Bundestag hat die Ampel in dieser Woche gemeinsam mit der CDU/CSU einen nationalen Veteranentag im Deutschen Bundestag beschlossen, um die Wertschätzung und Versorgung von Veteranen und deren Familien zu verbessern. Der Veteranentag wird jährlich am 15. Juni stattfinden, da an diesem Tag 2019 erstmals das Veteranenabzeichen verliehen wurde. Ich begrüße die Einführung eines Veteranentages, denn seit der Gründung der Bundeswehr haben über 10 Millionen Frauen und Männer unter gefährlichen Bedingungen, persönlichen Entbehrungen sowie körperlichen und seelischen Härten in unseren Streitkräften gedient. Nach zwei Jahrzehnten des freundlichen Desinteresses gegenüber der Bundeswehr und unseren Soldatinnen und Soldaten wollen wir die Frauen und Männer, die für Deutschland gedient haben, angemessen würdigen. Mit der Einführung eines Veteranentages schaffen wir auch einen angemessenen Rahmen um die Leistung unserer vielen Soldatinnen und Soldaten, die in Idar-Oberstein, Pferdsfeld, Hermeskeil und vielen anderen Orten der Republik gedient haben, in den gesellschaftlichen Fokus zu rücken. Damit soll ein Raum für Austausch entstehen, um Verständnis in der Gesellschaft für die Leistungen, Entbehrungen und Opfer, die mit dem Militärdienst verbunden sind, zu schaffen. Aber wir müssen auch darauf achten, dass die Einführung eines Veteranentages nicht nur symbolischer Natur bleibt. Ich setze mich dafür ein, dass die Lage der Veteranen und ihrer Familien nachhaltig verbessert wird, beispielsweise in Form von besserer Fürsorge und Versorgung. Denn die Zeitenwende besteht nicht nur aus der Beschaffung neuer Waffensysteme, der größte Wert, den die Bundeswehr hat, sind ihre Menschen. Diese Leistung sollte von Politik und Gesellschaft noch mehr anerkannt werden.
Am kommenden Dienstag, dem 30.4.2024 bin ich im Rahmen der Dialogtour der SPD-Bundestagsfraktion zu Gast in Idar-Oberstein. 2019 startete die Dialogtour unserer Fraktion erstmalig. Seitdem bieten wir als Fraktion im Rahmen der Tour vor Ort ein bürgernahes Gesprächsangebot an, informieren über die Arbeit und Vorhaben der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, schaffen mehr Transparenz und gehen in den direkten Dialog. Ich würde mich freuen, am kommenden Dienstag von 16- 18 Uhr viele von Euch auf dem Christuskirchplatz, Hauptstr. 392 in Idar-Oberstein zu begrüßen und bei einem kühlen Getränk Eure Anliegen zu besprechen. Bringt gern Eure Nachbarn und Freunde mit.
Vergangene Woche habe ich mich nicht in Berlin aufgehalten, sondern war im Auftrag des Bundestages mit der NATO-Parlamentarierversammlung in den USA. Auf dieser Reise habe ich mich intensiv mit den transatlantischen Beziehungen beschäftigt. Insgesamt waren wir 53 Parlamentsmitglieder aus 21 NATO-Nationen.
Nachdem das US-Amerikanische Parlament die Haushaltsmittel für die Ukraine freigegeben hat und der anstehenden US-Präsidentschaftswahl, ist der vertrauensvolle Dialog von besonderer Bedeutung. Unter anderem haben wir Gespräche mit dem ukrainischen Botschafter bei den Vereinten Nationen geführt. Denn nur gemeinsam können wir der Ukraine helfen, gegen den russischen Angriff zu bestehen. Besonders beeindruckt hat mich der Besuch der West Point Militärakademie, hier wird der Elite-Nachwuchs der US-Armee ausgebildet. Viele der Absolventinnen und Absolventen gehen nach ihrer Armee Zeit in gut bezahlte zivile Führungspositionen. Dieser Austausch zwischen der militärischen und zivilen Welt ist gerade in unseren Zeiten von großer Bedeutung – die prestigeträchtige Ausbildung in West Point kann auch ein Vorbild für Deutschland sein. Unser Besuch der Princeton University hat mich nachdenklich gemacht: Gemeinsam mit dem ehemaligen amerikanischen Generalstabschef Mark A. Milley haben wir über die geostrategische Lage diskutiert. Mein Fazit: Der Westen wird weder durch politisch-moralische Überlegenheitsgesten, noch durch militärische Präsenz alleine die Konflikte dieser Welt für sich entscheiden können. Sondern wir müssen praktisch beweisen, dass unser demokratisches Gesellschaftsmodell erfolgreicher ist, den Menschen mehr Sicherheit, Wohlstand und Freiheit bringt, als andere. Da ist vor allem das chinesische Modell – Effizienz ohne demokratische Teilhabe – das in weiten Teilen der Welt zunehmendes Ansehen bekommt, eine Herausforderung. Hört sich einfach an, aber an den Widersprüchen von Effizienz, breiter Beteiligung und Berücksichtigung aller möglichen Interessen kämpft ja auch die Berliner Ampelkoalition jeden Tag. Aber das gilt eben für den Westen insgesamt.
Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende.
Herzliche Grüße.
Euer Joe
Dr. Joe Weingarten, MdB