Berlin, den 22. Juni 2023
Liebe Genossinnen und Genossen,
am Ende der Doppelsitzungswoche möchte ich Euch gerne wieder einen Bericht aus Berlin zukommen lassen.
Mit der Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes haben wir in dieser Woche eines der modernsten Einwanderungsmodelle weltweit beschlossen. Damit eröffnen wir Menschen aus Ländern außerhalb der Europäischen Union künftig wesentlich mehr Möglichkeiten, in Deutschland zu arbeiten.
Die Erwerbseinwanderung soll künftig auf drei Säulen basieren: Qualifikation, Erfahrung und Potenzial:
Qualifikation: Wer einen in Deutschland anerkannten Abschluss hat, kann heute schon als Fachkraft kommen. Künftig können die Fachkräfte jede qualifizierte Beschäftigung in nicht-reglementierten Berufen ausüben, unabhängig von ihrem Abschluss.
Erfahrung: Wer mindestens zwei Jahre Berufserfahrung, eine zweijährige berufliche Qualifikation und einen Verdienst über einer bestimmten Gehaltsschwelle oder die Geltung eines Tarifvertrages vorweisen kann, kann künftig einwandern. Der Abschluss muss also künftig nicht mehr formal in Deutschland anerkannt sein. Wer weiterhin eine Anerkennung des ausländischen Abschlusses benötigt, kann auch im Rahmen einer Anerkennungspartnerschaft mit dem Arbeitgeber bereits in Deutschland arbeiten, vor Ort Deutschkenntnisse vertiefen und parallel das berufliche Anerkennungsverfahren betreiben. Gleichzeitig stärken wir die Abschlüsse der Außenhandelskammern, die als notwendige berufliche Qualifikation im Sinne dieser Säule anerkannt werden können.
Potenzial: Es wird eine Chancenkarte eingeführt, die es auch Menschen ohne Arbeitsvertrag ermöglicht, nach Deutschland zu kommen. Sie basiert auf einem Punktesystem, bei dem unter anderem Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Voraufenthalte, Alter und mitziehende Partnerinnen und Partner berücksichtigt werden. Die Chancenkarte erleichtert die Suche nach einem Arbeitsplatz deutlich und ermöglicht auch Probearbeiten und Nebentätigkeiten. Auch Bildungsmigration soll gestärkt werden, indem die Berufsausbildung und das Studieren in Deutschland noch attraktiver gemacht werden sollen. Wir stehen für ein modernes Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das nachhaltige Einwanderung und Integration von Fach- und Arbeitskräften verbessert. Wir brauchen attraktive Arbeitsangebote und Tarifbindung. Im parlamentarischen Verfahren haben wir dafür gesorgt, dass es keine Aufweichung bei der Tarifbindung und den sozialen Standards und keine generelle Öffnung für Leiharbeit gibt.
Diese Öffnung für gut ausgebildete Arbeitskräfte geht Hand in Hand mit dem EU- Kompromiss zur Asylreform, über den ich Euch im letzten Wahlkreisbericht ausführlich informiert habe. Wir müssen die Einreise von Menschen ohne Aussicht auf Anerkennung von Asyl und ohne Bleibeperspektive reduzieren. Das wird über kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen an den EU-Außengrenzen geschehen. Ich halte es für richtig, mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz einerseits gesteuerte, qualifizierte Einwanderung zu fördern und ungeregelte Einwanderung zu begrenzen.
Als wichtiger Industriestandort sind wir auf eine leistungsstarke Verkehrsinfrastruktur angewiesen, möglichst ohne Engpässe und Staus. Die Bundesregierung hat deshalb einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Planungs-und Genehmigungsverfahren für den Ausbau wichtiger Schienenstrecken und Straßenprojekte beschleunigen und vereinfachen soll. Diesen haben wir wir nun in 1. Lesung beraten. Dafür werden für besonders wichtige Schienenprojekte das überragende öffentliche Interesse sowie einfachere Regeln beim Artenschutz festgeschrieben. Der Schutzumfang wird nicht abgesenkt. Dadurch kann künftig mehr Verkehr über die Schiene abgewickelt werden. Verkehrsengpässe und Stauschwerpunkte, die täglich Stillstand im Autobahnnetz verursachen, hemmen die wirtschaftliche Entwicklung. Unter Beteiligung der Länder kann für den Ausbau bestehender Autobahnabschnitte ebenfalls das überragende öffentliche Interesse festgeschrieben und so der Ausbau beschleunigt werden. Auch die Sanierung älterer Brücken kann einen wichtigen Beitrag zur Auflösung von Verkehrsengpässen und Staus leisten. Der gesamte Planungs- und Genehmigungszeitraum wird halbiert, indem die Genehmigungspflicht für Brücken, die im Zuge der Sanierung erweitert werden sollen, entfällt. Ebenso soll künftig die Pflicht, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, entfallen.
Durch einfachere Zustimmungsverfahren der Straßenverkehrsbehörden können Windkraftanlagen schneller entlang von Autobahnen gebaut werden. Außerdem sollen Photovoltaikanlagen bei Bau oder Änderung von Autobahnen mitgebaut werden können. Dazu werden die nutzbaren Flächen speziell ausgewiesen.
Mit der verstärkten Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, etwa bei Schienen- und Straßenprojekten, wird der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ebenfalls beschleunigt – indem das Verfahren von der Antragstellung bis zur Genehmigung auch online durchgeführt werden kann.
In dieser Woche haben wir zudem wieder zwei wichtigen Auslandseinsätzen unserer Bundeswehr zugestimmt. Zum einen dem Einsatz EUFOR Althea in Bosnien Herzogowina. Nach den Wahlen im Oktober 2022 und der anschließenden Konstituierung von Parlament und Regierung besteht Hoffnung auf eine nachhaltige Stabilisierung und Demokratisierung von Bosnien und Herzegowina. Im Dezember 2022 erhielt das Land den EU-Kandidatenstatus. Maßgeblich für den weiteren EU- Beitrittsprozess bleibt jedoch die Umsetzung dringend notwendiger Reformen. Nach wie vor bestimmen Nationalismus und ethnische Konflikte eine Stärkung gesamtstaatlicher Institutionen. Der deutsche Beitrag zu EUFOR ALTHEA ist auf den Betrieb von zwei Häusern der Verbindungs- und Beobachtungsteams und auf Personal zur Unterstützung des Stabs im Hauptquartier ausgerichtet. Das Mandat ist bis Ende Juni 2024 befristet und sieht wie bisher die Entsendung von bis zu 50 Soldatinnen und Soldaten vor.
Seit 2006 engagiert sich die Bundeswehr im Rahmen der UNIFIL-Mission (United Nations Interim Force in Lebanon) der Vereinten Nationen im Libanon. Ziel des Einsatzes ist, die libanesische Regierung bei der Sicherung der Seegrenzen zu unterstützen und den Waffenschmuggel über See zu verhindern. Deutschland stellt hierfür Schiffe und Personal bereit und bildet Soldatinnen der libanesischen Marine aus. Das Mandat wird um ein Jahr verlängert. Im vergangenen Mandatszeitraum hat der Zerfall der staatlichen Strukturen, auch der Sicherheitskräfte, im Libanon weiter zugenommen. Seit November 2022 ist der Libanon ohne Staatspräsidenten, die Regierung ist nur geschäftsführend im Amt. Auch der Krieg in Syrien wirkt in den Libanon hinein: 1,5 Millionen syrische Geflüchtete leben im Libanon.
In den vergangenen Jahren kam es immer öfter zu Lieferengpässen bei Medikamenten wie Kinderfiebersaft oder Antibiotika. Um dieses Problem anzugehen, haben wir in dieser Woche das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz abschließend im Bundestag beraten. Konkret ist geplant, die Preisregeln für Kinderarzneimittel zu lockern: Festbeträge und Rabattverträge werden abgeschafft. Wir erhöhen die Liefersicherheit von versorgungskritischen Arzneimitteln, indem Pharmaunternehmen ihre Abgabepreise einmalig um bis zu 50 Prozent anheben können. Die Krankenkassen übernehmen die Mehrkosten. Damit setzen wir einen Anreiz, dass versorgungskritische Arzneimittel hierzulande verfügbar sind. Antibiotika, die in der EU oder im europäischen Wirtschaftsraum produziert werden, müssen künftig bei Ausschreibungen von Kassenverträgen zusätzlich berücksichtigt werden. Die Regelung kann auch für weitere wichtige Arzneimittel genutzt werden. Die Regeln zur Preisbildung werden so angepasst, dass der finanzielle Anreiz für die Forschung und Entwicklung von neuen Reserveantibiotika verstärkt wird.
Ist ein Arzneimittel nicht verfügbar, dürfen Apothekerinnen und Apotheker einfacher ein wirkstoffgleiches Arzneimittel anbieten. Dafür sollen sie einen Zuschlag erhalten.
Schließlich möchte ich Euch an dieser Stelle noch über einen wichtigen Termin in Idar-Oberstein informieren. Am kommenden Montag, den 26.6.2023 um 17:00 Uhr findet ein Bürgerdialog mit dem Botschafter der Ukraine, Oleksii Makeiev, in der Göttenbachaula, Georg-Maus-Straße 2, 55743 Idar-Oberstein statt, zu dem ich Euch alle hiermit herzlich einlade. Es wird die Gelegenheit geben, dem Botschafter Fragen zu stellen. Wenn Ihr an der Veranstaltung teilnehmen möchtet, meldet Euch bitte bei Rouven Voigt in meinem Wahlkreisbüro unter joe.weingarten.wk@bundestag.de an.
Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende.
Herzliche Grüße
Euer Joe
Dr. Joe Weingarten, MdB