Wahlkreisbericht Januar 2022: Corona, die Ukraine, Kultur und Sport!
Berlin, den 4. Februar 2022
Liebe Genossinnen und Genossen,
ich hoffe, Ihr seid alle gut und gesund in das Neue Jahr 2022 gekommen! Nachdem in Berlin die inhaltlichen Diskussionen schon sehr schnell im neuen Jahr begonnen haben, möchte ich Euch über solche inhaltlichen Fragen, aber auch meine persönlichen Aufgaben in der neuen Wahlperiode informieren.
Nach wie vor beschäftigt uns natürlich die Bewältigung der Corona-Krise. Ich hatte Euch ja in meinem letzten Bericht geschrieben, dass wir bis Weihnachten rund 30 Millionen Booster-Impfungen auf den Weg bringen wollen. Das haben wir geschafft: Stand dieser Woche haben rund 42 Millionen Bürgerinnen und Bürger ihre Auffrischungsimpfung erhalten!
Dennoch bleiben viele lästige Regeln weiter nötig, weil Omikron zwar scheinbar etwas milder verläuft als die Delta-Variante, aber wegen der hohen Übertragungsrate so viele Menschen infiziert werden wie nie zuvor in der Pandemie. Eine Überlastung des Gesundheitssystems droht uns folglich weiterhin.
Da steht die Frage im Raum wie wir mittel- und langfristig mit dem Corona-Virus umgehen wollen. Das hat uns diese Woche auch in der ersten Orientierungsdebatte im Deutschen Bundestag zur allgemeinen Impfpflicht beschäftigt. Ich weiß, dass es medial darum viel Aufregung gab. Richtig ist, dass uns eine Impfpflicht, wenn sie denn beschlossen wird, in der aktuellen Pandemiewelle nicht hilft, sondern Schutz vor dem kommenden Herbst und Winter sein soll.
Zur Impfpflicht habe ich meine Meinung dazu bereits öffentlich und auch an dieser Stelle geäußert. Ich halte eine allgemeine Impfpflicht für alle ab 18 Jahren in der aktuellen Lage für den besten Schutz vor weiteren großen Infektionswellen, einer Überlastung des Gesundheitssystems und wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen. Es wird auch andere Anträge geben. Zwei, die eine Impfpflicht völlig ablehnen und einen, der eine Impfpflicht erst ab einem Alter von 50 Jahren vorsieht. Ich halte letzteres für nicht praktikabel.
Zu meinen persönlichen Schwerpunkten in den nächsten Jahren: Auch in dieser Legislaturperiode arbeite ich wieder im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestags.
Unsere Region ist auch eine stark vom Militär geprägte Region. Wir haben die Artillerieschule in Idar-Oberstein, den Truppenübungsplatz und die Amerikaner in Baumholder. Überall erinnern Namen wie der des General Rose Gewerbeparks in Bad Kreuznach an unsere historisch gewachsene Verbindung mit den deutschen, aber auch mit internationalen Streitkräften. Auf der gesamten rheinland-pfälzischen Karte findet man Standorte der Bundeswehr und von unseren amerikanischen Freunden.
Deshalb freut es mich besonders, dass ich meine Arbeit im Verteidigungsausschuss fortsetzen kann. Ich werde dort für die SPD-Fraktion für alle Themen, die unsere Landstreitkräfte, das Heer, betreffen, zuständig sein. Auch für Liegenschaften und Konversionsfragen und die nukleare Teilhabe Deutschlands bin ich der zuständige Berichterstatter der SPD-Fraktion.
Dass das Verteidigungsministerium mit Christine Lambrecht nach langen Jahren endlich einmal wieder sozialdemokratisch geführt wird, ist zu begrüßen. Wir stehen in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik vor großen Herausforderungen. Neben den international aufkeimenden Krisenherden kommen bewaffnete Konflikte immer näher zu uns. Seitdem Grenzen auf dem europäischen Kontinent wieder mit Waffengewalt verschoben werden, müssen wir uns darauf vorbereiten, dass die Bundeswehr zur Landes- und Bündnisverteidigung eingesetzt wird. Dafür werde ich mich einsetzen.
Der konkrete Fahrplan der Verteidigungspolitik für diese Legislaturperiode ist schon skizziert: So werden wir gemeinsam mit unserer Verteidigungsministerin, Christine Lambrecht, das Beschaffungswesen der Bundeswehr reformieren. Wir wollen mehr Verantwortung für alltägliche Beschaffungen in die Truppe geben und so bürokratische Hürden abbauen.
Große Sorgen macht uns die Lage in und um die Ukraine. Ihr habt verfolgt, dass die Russische Föderation über 100.000 Soldaten inklusive militärischem Gerät, wie Panzer, Raketen- und Feldartillerie auf der russischen und belarussischen Seite der Ukrainisch-Russischen Grenze zusammengezogen hat. Die Situation ist hochexplosiv und stellt uns, Europa sowie unsere NATO-Partner vor große Herausforderungen. Ich habe in der Ukraine-Debatte in dieser Woche im Plenum dazu gesprochen und für die SPD klargestellt: Präsident Putin muss wissen, dass jede Gefährdung der territorialen Integrität der Ukraine oder anderer Länder der Region deutliche Konsequenzen hat.
Obgleich ich gemeinsam mit der SPD-Bundestagsfraktion fest an der Seite der Ukraine stehe, bin ich dediziert gegen deutsche Waffenlieferungen für die Armee der Ukraine. Dies hat verschiedene Gründe, die ich euch gern darlegen möchte: Erstens haben wir die von der ukrainischen Regierung angefragten Waffensysteme, insbesondere Kriegsschiffe und Flugabwehrsysteme nicht im Überschuss. Wir können an die Ukraine nichts einfach abgeben, ohne unsere eigene Landes- und Bündnisverteidigung zu schwächen. Hinzu kommt, dass Waffenlieferungen nicht ausreichen würden. Hochkomplexe Systeme wie Kriegsschiffe bedürfen jahrelanger Ausbildung von Soldaten, bis sie von einem Land selbstständig betrieben werden können.
In letzter Konsequenz könnte die russische Propagandamaschine auch deutsche Waffenlieferungen in die Ukraine als Aggression interpretieren und daraus -auch auf Grund der deutschen Geschichte- einen Kriegsgrund ableiten. Das müssen wir in dieser Situation vermeiden.
Auch weitere Themen beschäftigen mich: Seit dieser Woche bin ich im Auftrag unserer Fraktion auch im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestags. Ich freue mich auf diese Arbeit, auch weil sie ein so ganz anderes Feld betrifft, als meine Arbeit im Verteidigungsausschuss und meine wirtschaftspolitischen Aktivitäten. Die große aktuelle Herausforderung ist, die schwer gebeutelte Kulturindustrie mit den bestehenden Programmen und möglichen weiteren Hilfen gut durch die Pandemie zu bringen. Aber wir müssen auch bald verantwortlich Perspektiven aufzeigen, wie Kultur wieder in vollem Umfang seinen berechtigten Raum bekommen kann. Insbesondere mit Blick auf den nächsten Herbst und Winter hängt das Gelingen von (Groß-)Veranstaltungen nach meiner Einschätzung eng mit der schon angesprochenen Impfpflicht zusammen.
Im Wirtschaftsausschuss des Bundestags bleibe ich auch in dieser Legislaturperiode stellvertretendes Mitglied. Wir haben mit der Entwicklung unserer Wirtschaft hin zur Klimaneutralität eine Riesenaufgabe vor uns. Dabei, das habe ich immer gesagt und das gilt auch für unsere Ampel-Koalition mit Wirtschaftsminister Habeck dürfen wir die soziale Frage nicht aus dem Auge verlieren.
Die schon jetzt explodierenden Energiekosten führen uns vor Augen, dass wir hier als Staat eingreifen müssen. Der beschlossene Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger ist ein nötiger und richtiger Schritt, aber er geht nicht weit genug. Wir müssen den Kreis derjenigen, die hier Zuschüsse erhalten, um weitere Geringverdienerinnen und -verdiener erweitern. Sonst gefährden wir die Bereitschaft der Menschen, das große Thema Energiewende mit zu gehen.
Gleiches gilt für das wichtige Ziel der beschleunigten Planungsverfahren. Klar müssen wir z.B. in der Windenergie schneller zusätzliche Flächen ausweisen, auch bei uns an der Nahe und im Hunsrück, und ja, wir müssen die Beteiligungsschleifen verkürzen. Aber damit darf die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger nicht ausgehebelt werden.
Viele von Euch werden es mitbekommen haben. Ich habe mich seit längerem intensiv mit den türkischen Gemeinschaften im Wahlkreis auseinandergesetzt. Bei den vielen Gesprächen mit diesen Mitbürgerinnen und Mitbürgern habe ich oft zu hören bekommen, dass sie sich nicht ausreichend wahrgenommen fühlen, weder von der Gesellschaft, noch von der Politik. Und dass, obwohl sie beispielsweise mit ihren Gewerben maßgeblich zur Vielfalt in unserer Region beitragen. Ich möchte das ändern.
Die eine oder der andere wird vielleicht auch mein Interview in der AZ (das ich Euch an diesen Bericht gern anhänge), zu meinem Treffen mit dem AKP-Abgeordneten Zafer Sirakaya gelesen haben. Ich halte es für eine Selbstverständlichkeit, dass ich mich mit einem Mitglied des türkischen Parlaments und Vertreter für Auswärtige Angelegenheiten treffe, um über den Fortgang der deutsch-türkischen Beziehungen zu sprechen. Sich zu treffen, im Dialog zu bleiben, bedeutet ja eben nicht, die Positionen der anderen Seite zu übernehmen. Ganz im Gegenteil, meine Positionen unterscheiden sich von denen der Regierungspartei AKP in ganz grundlegenden Fragen wie der Rechtsstaatlichkeit, der Pressefreiheit und dem Umgang mit Minderheiten fundamental. Das habe ich bei meiner letzten Türkei-Reise im Oktober 2021, bei der ich mich mit verschiedenen Vertreterinnen und Vertretern der sozialdemokratischen Oppositionspartei CHP getroffen habe, auch sehr deutlich gemacht.
Und dennoch, die Türkei ist und bleibt als NATO-Partner unser Verbündeter in der Region. Und ich sehe auch nicht, wer dort bei all den Krisen sonst regionaler Partner sein könnte.
Deswegen werde ich in der nächsten Woche zu einer weiteren Türkei-Reise aufbrechen. Neben Vertreterinnen und Vertretern der türkischen Regierung werde ich zahlreiche Unternehmen besuchen, aber auch Treffen mit dem Deutschen Botschafter, dem Goethe-Institut und der Friedrich-Ebert-Stiftung sind geplant. Ich werde darüber in meinem nächsten Wahlkreisbericht informieren.
Auch im Wahlkreis hatte ich wieder einige informative Gespräche, etwa im Bereich des Sports und habe mich sowohl mit Vertreter/innen der Bad Kreuznacher Sportvereine als auch denen aus Idar-Oberstein und dem Kreis Birkenfeld getroffen.
Dort wird ja nicht nur im Bereich des Breitensports viel geleistet. Ganz Rheinland-Pfalz blickt auf die Erfolge und Nachwuchsarbeit im Spitzensport, die in beispielsweise Bad Kreuznach geleistet wird. Das kommt nicht von ungefähr. Jahrzehntelanges kontinuierliches Training unter bester Anleitung und guter sachlicher Voraussetzungen haben dafür gesorgt. Dass das so bleibt, ist auch Aufgabe der Politik – auf allen Ebenen. Es ist kaum zu bezweifeln, dass der im Verein betriebene Sport einen hohen Stellenwert im sozialen Gefüge unserer Gesellschaft einnimmt. Er sorgt, wie Kunst und Kultur, für das Zusammenkommen der Menschen und leistet einen großen Beitrag bei der Inklusion von Menschen mit Behinderung und bei der Integration von Minderheiten. Der Wert der Sportvereine bei der Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen bedarf natürlich auch einer besonderen Erwähnung.
Ich verstehe daher, dass manche ehrenamtlich Tätigen, die ihre gesamte Freizeit für den Breitensport und auch für unsere Spitzensportler einsetzen, sich da allein gelassen fühlen. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass sich das ändert. Ich habe deswegen mit der Sport-Interessengemeinschaft der örtlichen Vereine der Stadt Bad Kreuznach wie auch den Sportvereinigungen der Stadt Idar-Oberstein und des Kreises Birkenfeld verabredet, das Gespräch öffentlich fortzusetzen, sobald die Corona-Bedingungen dies zulassen. Wir brauchen einen öffentlichen Austausch zwischen dem Sport und der Politik über die Ziele und Schritte zur Verbesserung der Bedingungen. Die Vereine müssen von staatlicher Seite unterstützt werden, denn nicht alles kann von Ehrenamtlichen übernommen werden. Wir müssen beispielsweise mehr hauptamtliche Mitarbeiter finanzieren. Diese entlasten die Vereine bei ihren bürokratischen Aufgaben und sollten ebenso die Übungsleitung übernehmen. Meine volle Unterstützung haben sie. Ich sage auch an dieser Stelle allen von Herzen vielen Dank für das, was die Vereine und deren Mitglieder insbesondere in Corona-Zeiten leisten und werde weiter über das Thema berichten.
Bleibt bitte gesund!
Euer Joe
Dr. Joe Weingarten, MdB