Berlin, deb 24. Juni 2022
Liebe Genossinnen und Genossen,
diese Woche im Deutschen Bundestag war eine besondere für mich. Denn, nachdem das seit Beginn meiner Mitgliedschaft wegen der Corona-Pandemie nicht möglich war, konnte ich nun endlich meine erste Besuchergruppe aus dem Wahlkreis in Berlin begrüßen. Diese vom Bundespresseamt organisierten BPA-Fahrten bieten einen abwechslungsreichen Einblick in den Berliner Politikbetrieb.
Wenn ihr auch Lust habt, einmal an einer solchen Fahrt teilzunehmen, wendet Euch bitte gern an Sonja Mzyk in meinem Wahlkreisbüro in Idar-Oberstein (joe.weingarten.wk@bundestag.de).
Eine weitere Besonderheit dieser Woche: Ich habe im Bundestag gleich zwei Reden gehalten. Einmal zum UNIFIL-Mandat der Vereinten Nationen im Libanon.
Der Libanon ein trauriges Beispiel dafür, dass Wohlstand und Frieden nicht selbstverständlich sind. Beirut, früher das Paris des Nahen Ostens genannt, ist heute die Hauptstadt von einer Nation, die am Abgrund steht. Über 1,5 Millionen Flüchtlinge leben in dem 6 Millionen-Einwohner-Land, viele aus Syrien. Die libanesische Regierung ist zu einem großen Teil handlungsunfähig und korrupt.
Das UNIFIL Mandat gibt es seit über vierzig Jahren und ist damit einer der ältesten UN-Einsätze, die Bundeswehr beteiligt sich schon lange daran. Aber es ist nie Routine geworden, das Mandat zu verlängern. Wir beschäftigen uns in den Ausschuss- und Arbeitsgruppensitzungen ausführlich mit den Mandaten und ihrem Sinn.
Das UNIFIL-Mandat beinhaltet zwei Kernpunkte: Zum einen die Überwachung des libanesischen Seeraums und die Ausbildung von Marineoffizieren und die Überwachung des Waffenstillstands mit Israel.
Dort im Nahen Osten, treffen die Ambitionen und Interessen unterschiedlichster Länder aufeinander, aber auch unsere Interessen sind eindeutig berührt: Als viertgrößte Handelsnation der Welt sind wir abhängig von offenen Seewegen und friedlichen Nachbarregionen, weswegen wir als SPD-Bundestagsfraktion das Mandat auch unterstützen.
Meine zweite Rede habe ich am heutigen Freitag zu einem Antrag der AfD, „Verunglimpfung unserer Bundeswehrsoldaten nicht länger dulden – Kommando Spezialkräfte voll rehabilitieren“ gehalten.
Ihr könnt Euch sicher vorstellen, dass es nicht immer leicht ist, offensichtlich nur auf populistische Effekthascherei abzielenden Anträgen sachlich zu begegnen. Dennoch habe ich das in meiner Rede getan, denn das Thema ist zu ernst, als es der AfD und ihre Spielchen zu überlassen.
Unsere Bundeswehr braucht die scheinheilige Instrumentalisierung der AfD jedoch nicht. Sie ist, davon habe ich mich bei zahlreichen Besuchen landesweit überzeugen können, eine fest in demokratische Strukturen eingebundene Parlamentsarmee. Das gilt für alle Teilstreitkräfte und alle Kommandos der Bundeswehr: in der Marine, in der Luftwaffe und dem Heer! Gerade die Soldaten des Kommandos Spezialkräfte zeigen, wenn sie eingesetzt werden, regelmäßig, dass auf sie Verlass ist. Das ist umso wichtiger, weil sie eine der wichtigsten Spezialeinheiten unserer Streitkräfte bilden, die in besonders riskanten Einsätzen ins Spiel kommt. Zuletzt eindrucksvoll gesehen hat man das bei der Evakuierungsmission aus Kabul – auch wenn die öffentliche Anerkennung dafür nicht ungeteilt war.
Deswegen habe ich in meiner Rede auch noch einmal deutlich gemacht, dass ich die Aussagen der ehemaligen CDU-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, wonach „die Bundeswehr ein Haltungsproblem“ und zugleich eine „Führungsschwäche auf allen Ebenen habe“ sowie einen „falsch verstandenen Korpsgeist“ zeige, der das alles decke, für falsch halte! Wir brauchen grundsätzlich Vertrauen in unsere Soldatinnen und Soldaten, genauso wie sie uns Politikerinnen und Politikern vertrauen müssen, dass wir sie bestmöglich ausrüsten, schützen und die Einsätze, in die wir sie schicken, sorgfältig abwägen. Zum Vertrauen gehört auch, dass wir ehrlich miteinander umgehen. Und daher muss man klar sagen: Natürlich gibt es Rechtsextremisten in der Bundeswehr, wie in jedem Teil unserer Gesellschaft! Wir als Politik müssen dafür sorgen, dass jeder Einfluss rechtsextremistischen, nationalistischen oder undemokratischen Denkens in der Bundeswehr bekämpft wird, denn wer unsere Demokratie bekämpft oder verächtlich macht, gehört nicht in die Bundeswehr.
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Wir brauchen weder eine Vereinnahmung der Bundeswehr durch eine AfD, die sich immer weiter nach rechts bewegt, noch eine Verleugnung dort, wo es Probleme mit einzelnen Soldatinnen oder Soldaten gibt, sondern einen realistischen Blick auf unsere demokratisch gefestigte Truppe.
Im Parlament haben wir in dieser Woche auch gesellschaftspolitisch Weichen neu gestellt. Mit der Abschaffung des § 219a haben wir als Ampel-Koalition den jahrelangen konservativen Widerstand gegen eine sachliche Information über den Ablauf und die Methoden des Schwangerschaftsabbruchs durch Ärztinnen und Ärzte gebrochen. Es kann nicht sein, dass Ärztinnen und Ärzte, die sachgemäß über Schwangerschaftsabbrüche berichten, von Strafverfolgung bedroht waren und Frauen sich ihre Informationen aus zum Teil kruden Quellen aus dem Internet zusammensuchen mussten. Der Vorwurf, der nun teilweise aus der Union kommt, mit dem Gesetz werde Tor und Tür geöffnet, dass aktiv für Schwangerschaftsabbrüche geworben werden könne, zeigt nur eines: Ein etwas schräges Bild der Union von unseren Ärztinnen und Ärzten und von der übergroßen Mehrheit der Frauen, die sich einen Abbruch der Schwangerschaft keinesfalls leicht macht. Ebenfalls in der Gesellschaftspolitik tätig wurden wir bei dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen. Betroffene, die von grundrechtswidrigen Urteilen betroffen waren, können nun bis 2027 einen Antrag auf Entschädigung stellen. Eine richtige Entscheidung zu Gunsten zu Unrecht diskriminierter Frauen und Männer!
Ich bin in meinem letzten Bericht schon kurz darauf eingegangen, aber diese Woche haben wir zudem die BAföG-Novelle auf den Weg gebracht und konnten als Parlamentarierinnen und Parlamentarier noch einige Verbesserungen erwirken: Die Bedarfssätze steigen zum kommenden Schuljahr/Wintersemester um knapp 6 Prozent, die Freibeträge der Elterneinkommen werden noch stärker angehoben und die Altersgrenze 45 Jahre heben wir auf, um auch älteren Menschen, die zu einem späteren Lebenszeitpunkt entscheiden, noch einmal zu studieren, dies zu ermöglichen. Studierenden mit Kindern erhöhen wir den Kinderbetreuungszuschlag um fünf Prozent und wir erleichtern – endlich – die die digitale Beantragung des BAföG. Wir werden jedoch, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, noch in dieser Legislaturperiode tiefgreifende Veränderungen am BAföG vornehmen.
Ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, dass wir zwei Prozent der Landfläche in Deutschland für Windenergie an Land nutzen. Der Entwurf legt verbindliche Flächenziele für die Länder fest, sodass bis Ende 2026 1,4 Prozent und bis Ende 2032 zwei Prozent der Fläche in Deutschland für Windkraftanlagen ausgewiesen sein muss.
Grundsätzlich dürfen die Bundesländer dabei weiter über die Mindestabstände zu Wohngebieten entscheiden; sie müssen aber in jedem Fall sicherstellen, dass die festgelegten Flächenziele erreicht werden. Es ist wichtig, hier eindeutige Ziele zu benennen, wenn wir den Ausstieg aus fossiler Energie wie angestrebt erreichen wollen. In diesem Zusammenhang bin ich auch gern bereit, zu Veranstaltungen im Wahlkreis zu kommen, um über mögliche Windkraftstandorte mit Euch und interessierten Bürgerinnen und Bürgern zu diskutieren.
Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende.
Herzliche Grüße!
Euer Joe