Berlin, den 27. März 2020
Liebe Genossinnen und Genossen,
die Große Koalition in Berlin und die Ampelkoalition in Mainz haben auf die Corona-Krise konzentriert und engagiert reagiert. Mit einem Milliarden schweren Paket helfen wir betroffenen Unternehmen, ermöglichen schnelle und unbürokratische Kredite, vermeiden Härten wie Entmietungen und verhindern so einen Substanzverlust. Das Land zieht mit ergänzenden Maßnahmen nach. Ich füge diesem Bericht eine Zusammenstellung der SPD-Bundestagsfraktion bei, die die wesentlichen Teile des Bundes-Hilfsprogrammes kurz zusammen fasst und Euch einen Überblick gibt. Für diejenigen, die sich für wirtschaftliche Themen besonders interessieren, lege ich auch eine kurze Übersicht über die Wirtschaftsmaßnahmen des Bundes und des Landes Rheinland-Pfalz bei.
Es ist richtig, dass Treffen mit unmittelbarem Kontakt, soweit es möglich ist, zurück-gefahren werden. In einigen Branchen geht das aber nicht. Wir werden zum Beispiel weiter die Müllabfuhr brauchen und die wird ihre Arbeit nicht ins Home Office verlegen können. All denen in Geschäften, Banken, der Logistik, der Grundversorgung, der Industrie, dem Handel, der Lebensmittelversorgung und natürlich dem Gesundheitswesen, die trotz der Corona-Krise ihrer Arbeit nachgehen – obwohl die meist noch schwerer geworden ist, als sie davor schon war – gilt mein großer Dank. Dieser Dank muss über die Krise hinaus gehen und sich nicht nur in moralischer Anerkennung äußern, sondern auch durch bessere Arbeitsbedingungen und Löhne in den Berufen, von deren Arbeit wir jetzt alle abhängen!
Aber auch denen, die ihre Arbeit ins Home Office verlegt haben, danke ich aufrichtig. Sie leisten ihren Beitrag, damit wir den Anstieg der Fallzahlen möglichst flach und so die Situation im Griff halten. Ich persönlich verzichte derzeit auf jeden direkten Kontakt, der sich vermeiden lässt (auch weil ich nach einem Kontakt mit einer infizierten Person erst heute mein negatives Testergebnis erhalten habe). In vielen Gesprächen über WhatsApp, Facebook, Skype, Mails – und nicht zu vergessen – ganz klassisch am Telefon, bleibe ich aber im Kontakt mit Menschen.
Aus diesen Gesprächen erfahre ich, auf wie viele unterschiedliche Weisen die Corona-Krise die Menschen vor Herausforderungen stellt. Einiges habe ich aufgegriffen und meinen Teil zur Lösung der Probleme beigetragen. Zum Beispiel habe ich mich dafür eingesetzt, dass der Verwaltungsaufwand für Unternehmen gesenkt wird, die einen schnellen Kredit brauchen. Aus meiner Erfahrung als Leiter des rheinland-pfälzischen Krisenstabes Wirtschaft in der Finanzkrise 2008 weiß ich, dass das eine entscheidende Engstelle für den Erfolg des Krisenmanagements ist. Im Kreis Bad Kreuznach hat Landrätin Dickes hierzu schon zu einer Krisenrunde aus Verwaltungen, Banken, BA, Abgeordneten, Verbänden und Kammern eingeladen, die sehr zielorientiert daran arbeitet, betroffenen Unternehmen schnell Hilfe zukommen zu lassen und zugleich der Politik Rückmeldungen über noch bestehende Regelungslücken gibt. Im Kreis Birkenfeld wird Landrat Dr. Schneider meiner Anregung folgen und in der nächsten Woche gleichfalls zu einer solchen Runde einladen. Für den Rhein-Hunsrück/Mosel-Wahlkreis fehlen mir dazu die Informationen. Wenn ich dort helfen kann, dass entsprechende Runden zusammen treten, bitte ich um eine Nachricht.
Auch habe ich mich dafür eingesetzt, dass LKW-Fahrer weiterhin Zugang zu sanitären Anlagen haben. Da die Raststätten wegen der Kontaktsperre schließen mussten, fehlen Fernfahrerinnen und Fernfahrern schon jetzt an vielen Stellen Duschen und Toiletten. An anderen Stellen droht das. Damit ist der Transport gefährdet und somit unsere Grundversorgung. Ich habe in dieser Sache den Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und den Landesverkehrsminister Dr. Volker Wissing angeschrieben mit der Bitte, Lösungen für das Problem zu finden. Es ist richtig, dass die Politik dieses dringende Problem angeht. Mittlerweile beschäftigt man sich in Berlin damit.
Was ich nach dieser Initiative erlebt habe, hat mich bewegt: Privatleute haben sich gemeldet, auch Unternehmen. Alle mit der Botschaft: Liebe Fernfahrerinnen und Fernfahrer, Ihr könnt bei uns duschen – Ihr könnt unsere Toiletten nutzen. Das ist die Einstellung, mit der wir durch die Krise kommen: Ja, die Politik muss Dinge regeln und sich kümmern. Das tut sie auch. Aber wer selbst eine Chance sieht, zu helfen, der sollte sie auch ergreifen – und unglaublich viele ergreifen sie auch.
Es beeindruckt mich, wie hoch die Solidarität in unserer Gesellschaft ist: Menschen spenden, teilen ihre Vorräte und gehen für die einkaufen, die das im Moment nicht können. Solche Initiativen haben unter anderem die Jusos gegründet und auch die Junge Union. Ich erwähne das ausdrücklich. Denn die Corona-Krise ist die Zeit für Zusammenhalt – und nicht für kleinliches Gezänk.
In einer Krise ist Umsicht gefragt, Handeln, wo es nötig ist – aber auch an der richtigen Stelle die Nerven zu behalten und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu wahren. Wir müssen beispielsweise im Moment viele Freiheitsrechte einschränken. Das muss so sein, aber ich achte mit der SPD-Bundestagsfraktion darauf, dass die Grenzen unseres Grundgesetzes dabei nicht verletzt werden.
Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz ist der Lotse in der Krise. Das gesamte Kabinett zeigt derzeit, wie handlungsfähig und standfest seine Vertreter sind. Wie lange die Krise noch dauern wird, das kann derzeit niemand sagen. Auch nicht, was genau sie uns alles noch abverlangen wird.
Was mir Sorgen bereitet, ist die anhaltende Diskussion über die Krankenhausstruktur. Ich finde es richtig, wie die Landesregierung die Notfallplanung vorantreibt. Das ist auch notwendig, weil es immer noch Engpässe gibt. So erreichen mich immer wieder Nachrichten von Arztpraxen, Pflegediensten oder sogar Kliniken, die mich um Unterstützung beim Kauf von Reinigungsmitten, Mundschutz oder gar Beatmungsgeräten in China bitten. Ich vermittele da an Kontakten, was ich kann, aber es ist keine einfache Lage.
Vor diesem Hintergrund frage ich mich, ob es schlau und angemessen ist, wenn wir weiter die Diskussion über Krankenhausschließungen im Land führen und damit die Leute weiter verunsichern. Nach meiner Meinung sollte es jetzt ein Moratorium, also einen Stop der Schließungen, geben und wir in der notwendigen Ruhe nach der Krise beschließen, welche Strukturen wir in der Gesundheitsversorgung künftig haben wollen und was uns das finanziell wert ist. Ich bin ganz sicher, dass wir künftig mehr Geld und Ressourcen in die Gesundheitssicherung der Bevölkerung stecken werden, als vor der Krise und dass die Haltung der SPD in dieser Frage ganz entscheidend für das dauerhafte Vertrauen der Bevölkerung in uns ist.
Aber bei aller Unsicherheit, bin ich mir sicher: Wir werden die Krise meisten. Wir werden sie meistern, weil wir das zusammen tun werden: „Die Politik“ und „Die Bevölkerung“ gibt es in einer Krise nicht: Menschen helfen. An welcher Stelle und in welchem Maß sie das auch immer können. Ich hoffe, dieser Bericht erreicht Euch bei guter Gesundheit. Wir leben wohl noch auf längere Zeit in Unsicherheit, was den weiteren Fortgang der Coronavirus-Epidemie angeht und ich wünsche mir, dass möglichst vielen von Euch eine Ansteckung erspart bleibt. Den bereits Erkrankten gilt mein besonders herzlicher Gruß: gute Besserung für Euch!
Herzliche Grüße
Dr. Joe Weingarten MdB