Berlin, den 13. November 2023
Liebe Genossinnen und Genossen,
auch heute möchte ich Euch wieder aus der vergangenen Sitzungswoche berichten.
Die Bundesregierung hat sich in dieser Woche auf einen Vorschlag für eine zeitlich befristete Strompreissenkung geeinigt. Danach wird die Stromsteuer 2024 und 2025 für das produzierende Gewerbe von Mittelstand bis Industrie auf das EU-Minimum gesenkt.
Das ist eine Entlastung von 2,75 Mrd Euro. Das ersetzt den Spitzenausgleich (1,55 Mrd), der nach geltendem Recht ausläuft. Ein Eingriff in den am Markt gebildeten Preis, den sog. „Industriestrompreis“ wird es dagegen nicht geben.
Die Maßnahme würde 2026 bis 2028 fortgesetzt, wenn eine Gegenfinanzierung im Bundeshaushalt erfolgt. – Im Klima- und Transformationsfonds werden Maßnahmen wie die Strompreiskompensation fortgesetzt und ausgeweitet.
Zudem werden im ersten Halbjahr 2024 die Netzentgelte mit 5,5 Mrd. Euro auf das Vorkrisenniveau reduziert. Das ist ein guter Erfolg für die Industrie. Die SPD-Bundestagsfraktion wird die Vorschläge in den nächsten Wochen im Gespräch mit Gewerkschaften, Industrie und Mittelstand weiter bewerten. Dabei gilt es einerseits die tatsächliche Wirkung genau einzuschätzen und andererseits die Maßnahmen auch im Rahmen des Bundeshaushalts, der Einsparungen vorsieht, darzustellen. Unabhängig davon werden wir auch in den kommenden Jahren dafür arbeiten, dass mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energie und weiteren Maßnahmen die Energiekosten weiter sinken.
Selbstverständlich haben mich das Thema Israel und der Konflikt mit der Hamas auch in dieser Woche nicht losgelassen. Auf Einladung des israelischen Botschafters, Ron Prosor, konnte ich in einem kleinen Kreis von Bundestagsabgeordneten einen Ausschnitt von Videomaterial, Bildern und Tonaufnahmen sehen, die das Massaker der Hamas-Terroristen vom 7.10.2023 in den israelischen Kibbuzim und auf dem Musikfestival zeigen. Dabei habe ich verstörende Bilder von unfassbarer Brutalität gesehen, die der Öffentlichkeit aus gutem Grunde so nicht zugänglich gemacht werden:
Hilflose Menschen, die vor laufender Kamera gequält und getötet werden, erschlagene Babys, Kinder, deren Eltern vor ihren Augen ermordet werden, komplett verbrannte Familien, erschossene Haustiere. Diese Bilder, weitere Details möchte ich Euch ersparen, kannte ich bislang nur aus historischen Archiven vom Massenmord der Nazis oder dem Napalmkrieg in Vietnam. Für mich ist völlig klar, dieser Hamas-Terrorismus muss konsequent militärisch bekämpft werden, ein solcher Angriff auf Israel darf nie wieder möglich sein. Und es kann nicht sein, dass auf unseren Straßen Sympathiebekundungen für solche terroristischen Gräueltaten ungestraft bekundet werden. Wer in diesem Land zu Gast ist und dies dennoch macht, muss abgeschoben werden. Wer das Existenzrecht Israel nicht anerkennt, kann kein deutscher Staatsbürger werden. Ich bin froh, dass Bundeskanzler Olaf Scholz das anlässlich der Gedenkfeiern zur Reichskristallnacht am 9. November genauso deutlich formuliert hat!
Im Zusammenhang mit dem Angriff auf Israel hatte ich einen weiteren wichtigen Termin: Als stv. Vorsitzender der Parlamentariergruppe für die arabischsprachigen Staaten habe ich mich im Deutschen Bundestag mit den Angehörigen israelischer Geiseln getroffen, die am 7. Oktober in den Gaza-Streifen verschleppt werden und da mutmaßlich noch heute festgehalten werden. Ich werde mich, gemeinsam mit einem Kollegen von der CDU, bei den Vertretungen arabischer Länder in Berlin dafür einsetzen, dass sie darauf hinwirken, eine unverzügliche Freilassung der Geiseln zu erwirken. Das von unseren arabischen Partnern zu erwarten, bestimmt auch die Frage des künftigen Umgangs miteinander.
Zum Ende der Woche war ich auf der Bundeswehrtagung in Berlin, die mit Bundeskanzler Scholz und Verteidigungsminister Pistorius hochkarätig besetzt war. Dort haben wir gemeinsam mit den Militärs und vielen weiteren Gästen diskutiert, wie es mittel- und langfristig mit der Bundeswehr weitergeht: Welche Aufgaben soll sie haben, wie wird die Finanzierung aussehen. Mit den neuen „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ wurde die Grundlage für unsere Verteidigungspolitik vorgestellt. Erstmals seit 2011 erneuern wir die Grundlage, auf der wir unsere Verteidigungsfähigkeit denken und planen. In diesem Zusammenhang fällt aktuell häufig der Begriff „kriegstüchtig“, den ich erklären möchte, da ich weiß, dass er viele Menschen verunsichert oder bewegt.
Kriegstüchtig bedeutet letztlich vor allem, dass wir die Bundeswehr so aufstellen, dass wir im Falle eines Angriffs auf uns den Krieg auch gewinnen. Vladimir Putin und seine möglichen Nachfolger müssen wissen: wenn sie die Bundesrepublik Deutschland oder ihre Verbündeten angreifen, dann können sie fest mit einer Niederlage rechnen. Wir müssen eine Armee haben, die kriegstüchtig ist, damit sie keinen Krieg führen muss. Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat gezeigt, dass der Kreml die Schwäche und Friedfertigkeit seiner Nachbarn ausnutzt. In einem rückblickend falschen Glauben an einen ewigen Frieden in Europa und eine strukturelle Nichtangriffsfähigkeit haben wir die Bundeswehr über lange Zeit abgerüstet. Wir alle haben geirrt, wir haben uns als Gesellschaft einem falschen Sicherheitsbewusstsein hingegeben, denn wir waren überzeugt, umgeben von Freunden und deshalb unangreifbar zu sein.
Putin hat uns unseren Irrglauben im Februar 2022 durch den Überfall auf die Ukraine schmerzlich vor Augen geführt. Und die abscheulichen Angriffe der Hamas, Grenzkonflikte in Zentralasien und Pekings Auftreten gegenüber Taipeh zeigen, dass wir uns weiterhin in einer Epoche bewegen, die von Machtkämpfen und Kriegen gekennzeichnet ist. Deutschland als wirtschaftlich stärkstes und bevölkerungsreichstes Land in Europa kommt bei der Verteidigung unseres Kontinentes eine zentrale Rolle zu. Gerade, weil wir während des Kalten Krieges durch die Alliierten verteidigt wurden, wollen wir nun die Staaten verteidigen, die heute in Gefahr sind, vom Kreml angegriffen zu werden. In einer Parlamentsdebatte dazu habe ich mich am Donnerstag geäußert. Wenn Ihr sie gern nachschauen wollt, könnt ihr das hier tun:
Schließlich habe ich mich gefreut, dass die in diesem Jahr dritte Besuchergruppe aus meinem Wahlkreis zu Gast in Berlin war. Die Gäste haben ein umfangreiches Berlin-Programm durchlaufen, von einer Stadtrundfahrt über einen Besuch im Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis hin zu einer Führung durch die Dauerausstellung „Alltag in der DDR“, bei welcher die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eindrucksvolle Einblicke in das Leben der DDR gewinnen konnten. Bei einem gemeinsamen Abendessen mit den Gästen aus der Heimat konnte ich viele Fragen aus dem gesamten politischen Themenspektrum beantworten. Eine schöne Abwechslung während all der anderen Termine, die eine Sitzungswoche normal so mit sich bringt.
Ich wünsche Euch eine schöne Woche!
Herzliche Grüße
Euer Joe
Dr. Joe Weingarten, MdB