MdB Dr. Joe Weingarten: Bericht aus dem Bundestag

Berlin, den 28. September 2020

Liebe Genossinnen und Genossen,

die aktuelle Bundestagswoche steht ganz unter dem Eindruck der Haushaltsberatungen für 2021. Da ich von Euch immer wieder auf die Finanz- und Steuerpolitik angesprochen werde, informiere ich Euch heute umfassend über unsere Ansätze dazu:

Die Bundesregierung hat am 23. September den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2021 und den Finanzplan bis 2024 beschlossen. Es ist ein außergewöhnlicher Haushalt in außergewöhnlichen Zeiten. Das kommt schon dadurch zum Ausdruck, dass der Bundestag den Regierungsentwurf erst jetzt vorgelegt bekommt, und nicht wie normalerweise im Juni. Auch sonst steht dieser Haushaltsentwurf ganz im Zeichen der Corona-Krise und des damit verbundenen massiven Einbruchs der Wirtschaft.

Aufgrund der historisch einmaligen Herausforderungen durch die Pandemie müssen wir für das Jahr 2021 erneut eine Ausnahme von der Schuldenregel („schwarze Null“) machen. Das Ausmaß der Krise erfüllt auch 2021 die Voraussetzungen für eine außergewöhnliche Notsituation. Die neu aufgenommenen Schulden sollen im Zeitraum von 2026 bis 2042 zurückgezahlt werden.

Im Einzelnen sieht der Regierungsentwurf für das Jahr 2021 eine Nettokreditaufnahme in Höhe von 96,2 Milliarden Euro vor. Dies ist ein deutlicher Rückgang gegenüber der Neuverschuldung von 217,8 Milliarden Euro in diesem Jahr. In den kommenden Jahren wird die Neuverschuldung weiter deutlich zurückgefahren, bis sie im Jahr 2024 nur noch 5,2 Milliarden Euro betragen soll.

Die Haushaltslage ist aber, trotz der großen Herausforderung durch die Pandemie, zu bewältigen. Die verantwortungsvolle Finanzpolitik der letzten Jahre hat uns eine starke und konsequente Antwort auf den wirtschaftlichen Einbruch ermöglicht.

Zum Vergleich: In Folge der internationalen Finanzkrise 2008/2009 erreichten die gesamtstaatlichen Schulden ihren bisherigen Höchstwert von 82,4 Prozent des BIP. Wir hatten diese Schuldenquote bis Ende 2019 auf unter 60 Prozent reduziert, wie in Europa verabredet. Jetzt gehen wir wieder auf etwa 75 % hoch.

Wir wollen vor allem investieren und damit die Wirtschaftskrise überwinden. Schon mit dem Konjunktur- und Zukunftsprogramm haben wir unsere Fähigkeit gezeigt, uns mit aller Kraft gegen den wirtschaftlichen Abschwung zu stemmen. Mit dem Haushalt 2021 und der Finanzplanung bis 2024 setzen wir die Investitionsoffensive des Bundes fort. Die Investitionsausgaben belaufen sich im Jahr 2021 auf 55 Milliarden Euro. Insgesamt sieht der Regierungsentwurf im Zeitraum 2020 bis 2024 Investitionen in Höhe von 270,5 Milliarden Euro vor.

Investitionen in eine moderne Infrastruktur sind eine unverzichtbare Voraussetzung für ein modernes und klimafreundliches Land. Deshalb steigen die Verkehrsinvestitionen mit 18,6 Milliarden Euro erneut auf Rekordniveau. Dabei geht es auch um den klimafreundlichen Umbau des Verkehrssektors, wie die Modernisierung des Schienennetzes. Gleichzeitig stärken wir die Innovationskraft. Allein im Jahr 2021 sind für Bildung und Forschung 28,5 Milliarden Euro vorgesehen, so viel wie noch nie. Bis 2024 sind es gut 110 Milliarden Euro. Ein wichtiger Schwerpunkt der Forschungsagenda ist die Bewältigung der Corona-Pandemie. Deshalb stehen der Gesundheitsforschung 2021 so viele Mittel zur Verfügung, wie noch nie zuvor, beispielsweise über das Bundesministerium für Bildung und Forschung insgesamt rund 875 Millionen Euro. Davon fließen 484 Millionen Euro direkt in die Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Wir treiben auch die Energiewende und den Klimaschutz weiter entschlossen voran. Zentrales Finanzierungselement hierfür ist das Sondervermögen „Energie- und Klimafonds (EKF)“. Daraus werden insbesondere Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung, zur Förderung der Elektromobilität, der Ladeinfrastruktur und Energiespeicher sowie zur Energieeffizienz und Dekarbonisierung in der Industrie finanziert. Der EKF ermöglicht aber auch die konkrete Entlastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft beim Strompreis sowie die Entschädigungszahlungen für Betreiber von Kohlekraftwerken beim Kohleausstieg. Zu den wichtigen Projekten zur Innovationsförderung gehört ein ambitioniertes Investitionspaket zum entschlossenen Einstieg in die Zukunft der Wasserstoff-Technologie. Damit soll der Weg in Richtung Treibhausgasneutralität in Industrie und Schwerlastverkehr geebnet werden. Hierfür sind in den Jahren 2020 bis 2024 insgesamt 7 Milliarden Euro vorgesehen.

Die Bundesregierung will die Digitalisierung aktiv mitgestalten: Mir ist deshalb besonders wichtig, dass die Förderung des Ausbaus von Künstlicher Intelligenz (KI) fortgesetzt wird. Mit der Finanzplanung werden dazu erneut 500 Millionen Euro auf die einzelnen Ressorts verteilt. Außerdem werden im Regierungsentwurf die im Konjunktur- und Zukunftsprogramm vorgesehenen 2 Milliarden Euro für KI abgebildet. Hierfür sollen in den nächsten fünf Jahren jeweils 400 Millionen Euro bereitgestellt werden. Außerdem will die Bundesregierung die Quantentechnologien mit zusätzlichen 400 Millionen Euro jährlich fördern. Weitere 2 Milliarden Euro sind bis 2024 vorgesehen für Forschung und Entwicklung in der Kommunikationstechnologie 5G, und perspektivisch auch in 6G.

Gerade in Zeiten der Krise zeigt sich die Notwendigkeit eines starken Sozialstaats. Der bisherige Verlauf der Krise hat gezeigt, dass es richtig war, den Zugang zum Kurzarbeitergeld deutlich zu erleichtern. Dadurch konnte eine große Zahl Arbeitsplätze in der Krise erhalten werden. Damit die Bundesagentur für Arbeit (BA) künftig handlungsfähig bleibt, wollen wir dafür sorgen, dass sie schuldenfrei in das Jahr 2022 starten kann. Dazu wird der Bund das der BA gewährte Darlehen am Jahresende 2021 erlassen bzw. unterjährige Liquiditätshilfen in einen Zuschuss umwandeln, sofern die BA nicht über eigene ausreichende Mittel verfügt.

Für den sozialen Zusammenhalt ist bezahlbarer Wohnraum eine Grundvoraussetzung. Deshalb unterstützt die Bundesregierung die Länder bis 2024 mit jährlich 1 Milliarde Euro beim Sozialen Wohnungsbau. Außerdem sind im kommenden Jahr knapp 900 Millionen Euro für das Baukindergeld vorgesehen, mit dem der erstmalige Erwerb von Wohneigentum für Familien mit Kindern gefördert wird. Bis ins Jahr 2024 steigen diese Mittel auf jährlich 970 Millionen Euro an.

Darüber hinaus unterstützen wir Familien und Alleinerziehende. Mit dem Kinderbonus und der Erhöhung des Zuschlags für Alleinerziehende haben wir in der Krise zielgerichtete Instrumente geschaffen. Neben der finanziellen Unterstützung wollen wir aber auch eine erstklassige Kinderbetreuung fördern. Mit dem Programm Ganztagsschule und Ganztagsbetreuung unterstützen wir konkret Familien und Alleinerziehende. Hierfür sind im Jahr 2021 erneut je 500 Millionen Euro veranschlagt. Zudem werden dem Sondervermögen Kinderbetreuungsausbau weitere 500 Millionen Euro bereitgestellt.

Die SPD sieht in der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ein zentrales Element, um den Zusammenhalt in unserem Land zu sichern. Deshalb ist es gut, dass vorletzte Woche der Deutsche Bundestag und der Bundesrat die nötige Grundgesetzänderung beschlossen haben, um den kommunalen Solidarpakt umzusetzen. Gerade in Zeiten der Krise ist die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen essentiell. Deshalb tragen Bund und Länder 2020 die Mindereinnahmen der Kommunen aus der Gewerbesteuer durch Bund und Länder. Außerdem wird sich der Bund permanent mit einem höheren Anteil an den Kosten der Unterkunft (KdU) für Arbeitssuchende beteiligen. Dies schlägt sich in den Ausgaben für den Bund aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende nieder, die im Jahr 2021 34,4 Milliarden Euro betragen und bis 2024 auf jährlich 36,1 Milliarden Euro anwachsen werden.

Für die innere Sicherheit steigen die Mittel gegenüber dem bisherigen Finanzplan erneut an, auf rund 6,9 Milliarden Euro im Jahr 2021. Neben den im Koalitionsvertrag vereinbarten 7.500 neuen Stellen für Sicherheitsbehörden des Bundes will die Bundesregierung auch die Demokratie aktiv stärken. Deshalb werden die Mittel für Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie auf 151 Millionen Euro mehr als verdoppelt.

Mit zusätzlichen Mitteln von insgesamt rund 3,85 Milliarden Euro für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe werden die Ausgaben im Jahr 2021 gegenüber der bisherigen Finanzplanung deutlich erhöht. Damit steigt der Beitrag der Mittel aus dem Bundeshaushalt an den direkten deutschen Aufwendungen für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit erneut an. Der Verteidigungshaushalt wird um 1,6 Milliarden Euro aufgestockt und verstetigt.

Ihr seht, mit diesem Haushalt sind wir gut für die Herausforderungen gerüstet und können eine Vielzahl sozialdemokratischer Ziele auch im nächsten Jahr angehen. Über den weiteren Gang der Beratungen halte ich Euch gerne auf dem Laufenden.

Herzliche Grüße und bleibt gesund!

Dr. Joe Weingarten, MdB

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