MdB Dr. Joe Weingarten: Bericht aus dem Deutschen Bundestag

Berlin, den 8. April 2022

Liebe Genossinnen und Genossen,

wieder liegt eine bewegte Woche im Deutschen Bundestag hinter uns – mit vielen wichtigen Debatten und weitreichenden Entscheidung.

Besonders kontrovers wurde am Donnerstag dieser Woche die finale Debatte zur Einführung einer Impfpflicht geführt. Meine Position dazu habe ich schon mehrfach deutlich gemacht: Ich war immer für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren, weil ich das für das wirksamste Mittel halte, im kommenden Herbst und Winter eine erneute Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern und neuerliche Einschränkungen für Gesellschaft und Wirtschaft auszuschließen.

Um zu vermeiden, dass es gar keine Impfpflicht gibt, habe ich den Kompromiss, zunächst eine Impfpflicht für alle Menschen ab 60 Jahren einzuführen, unterstützt. Danach hätten alle Menschen über dieser Altersgrenze bis zum Oktober über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen müssen und alle Bürgerinnen und Bürger zwischen 18 bis 59 Jahren, die nicht geimpft sind, hätten sich verpflichtend beraten lassen müssen.

Ausgenommen davon wären nur Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können und Frauen im ersten Drittel ihrer Schwangerschaft. Zu meinem großen Bedauern hat es im Parlament auch dafür keine Mehrheit gegeben. Dies vor allem, weil die CDU/CSU ihre parteitaktischen Erwägungen über die Bekämpfung der Pandemie und die Rettung von Leben gesetzt hat. Leider keine Sternstunde des Parlaments!

Wir müssen nun gemeinsam mit allen demokratischen Fraktionen im Haus einen Weg finden, wie wir vor dem Hintergrund einer viel zu hohen Zahl von Ungeimpften im nächsten Herbst und Winter eine Überlastung des Gesundheitssystems vermeiden.

Für die Bilder, die uns zu Beginn der Woche aus dem Kiewer Vorort Butscha erreicht haben, fehlen mir fast die Worte. Die barbarische Gewalt, die Zivilisten von russischen Soldaten angetan wurde, ist unmenschlich und stellt ein Kriegsverbrechen dar. Der Verantwortliche dafür sitzt im Kreml, der Kriegsverbrecher Wladimir Putin.

Wir stehen fest an der Seite der Ukraine und werden unsere Unterstützung gemeinsam mit unseren Partnern in der EU und in der NATO weiter ausbauen – auch durch Waffenlieferungen. Gleiches gilt für weitere Sanktionen gegen Russland.

Ich bin aber aktuell gegen einen Gasboykott, weil fehlende russische Erdgasmengen für den kommenden Winter weder für Deutschland, noch für die EU insgesamt einfach ersetzt werden können. Bis Ende des Jahres kann der Anteil russischen Erdgases am Verbrauch in Deutschland auf rund 30 Prozent gesenkt werden, beispielsweise durch den Ankauf von LNG. Bis Sommer 2024 können wir den Anteil des Verbrauchs auf 10 Prozent senken.

Ein schnelles Embargo, das wir dauerhaft durchhalten wollen, würde sehr schnell zu erheblichen Engpässen bei der Gasversorgung führen und zur Unterbrechung von Industrieprozessen führen. Deshalb ist es richtig, hier mit Augenmaß und Weitblick zu agieren, statt schnell Maßnahmen anzukündigen, die auf Grund ihrer Verwerfungen für unsere Wirtschaft und das soziale Gefüge schwierig durchzuhalten sein werden.

Mit dem 27. Bafög-Änderungsgesetz haben wir in dieser Woche einen weiteren Schritt für mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung gemacht. Wesentliches Ziel ist es, die Reichweite des BAföG zu erhöhen, weswegen wir die Freibeträge beim Einkommen um 20 Prozent anheben. Auch die Bedarfssätze, den Kinderbetreuungszuschlag und vor allem den Wohnzuschlag werden wir deutlich erhöhen, sodass der Förderhöchstbetrag von heute 861 Euro auf dann 931 Euro ansteigen wird. Zudem wird die Altersgrenze im BAföG von 30 Jahren bei Beginn einer förderungsfähigen Ausbildung auf künftig 45 Jahre angehoben. So können auch später im Leben getroffene Entscheidungen für eine höher qualifizierende Ausbildung angemessen unterstützt werden. Die digitale Antragstellung wird erleichtert und Verwaltungsaufwand abgebaut. Dieses Gesetz ist der Anfang einer Reihe von Maßnahmen, die wir uns in dieser Legislaturperiode vorgenommen haben, um die individuelle Bildungsförderung weiterzuentwickeln. Ich werde darüber weiter berichten.

Wir haben in dieser Woche auch in 1. Lesung das Pflegebonusgesetz beraten. Die Pandemie hat zu erheblichen Mehrbelastungen in vielen Krankenhäusern und in der Pflege geführt, insbesondere auf den Intensivstationen. Es ist eine Frage des Respekts, die Pflegerinnen und Pflegern, die in den letzten zwei Jahren Außergewöhnliches geleistet haben, nun mit einem Pflegebonus zu würdigen.

Insgesamt stellen wir dafür eine Milliarde Euro zur Verfügung, 500 Millionen Euro für Pflegekräfte in den Krankenhäusern, 500 Millionen Euro für die Beschäftigten in der ambulanten und stationären Langzeitpflege – steuer- und sozialversicherungsfrei.

Damit bedenken wir deutschlandweit 280.000 Pflegekräfte in 837 besonders belasteten Krankenhäusern; die besonders belasteten Intensivpflegekräfte erhalten den höchsten Bonus.

In der ambulanten und stationären Langzeitpflege erhalten Vollzeitbeschäftigte, die in der direkten Pflege und Betreuung der Pflegeeinrichtung arbeiten, bis zu 550 Euro. Auch Azubis, Freiwilligendienstleistende und Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter erhalten einen Bonus. Eine richtige Anerkennung für diejenigen, die seit Pandemiebeginn besonders und unmittelbar belastet sind. Wir müssen uns dabei auf die Bereiche beschränken, die unmittelbar betroffen sind, auch wenn in vielen Bereichen des Gesundheitswesens die Beschäftigten sehr belastet sind.

Ich wünsche Euch entspannte Ostertage im Kreise Eurer Lieben.

Herzliche Grüße
Euer Joe

Dr. Joe Weingarten, MdB

Am 26. Januar 2022 kommt der Impfbus nach Sien!

Am 26.01.2022 kommt in der Zeit von 9 bis 17 Uhr der Impfbus an die Turnhalle in Sien.

Der Impfbus kommt!

Sien ist auch für ungemütliches Wetter gewappnet: Es muss niemand in der Kälte warten, denn es ist genug Platz in der Halle.

Durchgeführt werden Erst-, Zweit- und Booster-Impfungen. Bitte denken Sie daran, Ihren Impfausweis mitzubringen. Sollte bei Erstimpfungen noch kein Impfausweis vorhanden sein wird das vor Ort geregelt.

Für die einzelnen Personengruppen gelten folgende Regelungen:

  • Erwachsene unterliegen keinen Einschränkungen.
  • Kinder unter 12 Jahren können nicht geimpft werden.
  • Jugendliche ab 12 bis unter 16 Jahren können in Begleitung eines Erziehungsberechtigten eine Schutzimpfung erhalten.
  • Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren können mit einer schriftlichen Einverständniserklärung eines Erziehungsberechtigten das Impfangebot wahrnehmen.

Eine Terminvereinbarung ist nicht erforderlich. Mit Wartezeiten ist gegebenenfalls zu rechnen, doch, wie gesagt, in der Turnhalle ist es gemütlich warm.

SPD-Ortsverein Idarwald: Ehrungen für langjährige Parteimitgliedschaft

von links nach rechts:
Julia Pies, Roswitha Klee-Emmerich, Dieter Heisel, Gerhard Storck, Hartmut Hartmann,
Matthias Doll (Vorsitzender SPD-OV-Idarwald), Reiner Mildenberger

Unseren Genossen Gerhard Storck (60 Jahre), Reiner Mildenberger (40 Jahre), Dieter Heisel (25 Jahre) und Hartmut Hartmann (10 Jahre) wurde für ihre langjährige Treue zur Sozialdemokratie gedankt.

Dank ergeht auch (in Abwesenheit) an Horst Hartmann (50 Jahre), Michael Soelter (40 Jahre), Karl-Heinz Adam (25 Jahre) und Dorothee Sommer (10 Jahre).

In einer Zeit, in der sich die großen Volksparteien intensiv gegenüber verschiedenen mehr an Einzelinteressen orientierten Gruppierungen behaupten müssen war es Julia Pies und Roswitha Klee-Emmerich als Beisitzerinnen des SPD-Kreisvorstands um so mehr eine Ehre den Jubilaren zu danken.

„Freundschaft“!

Landtagsabgeordneter Noss besuchte die Ortsgemeinde Mackenrodt

Auf Einladung von Ortsbürgermeister Reiner Mildenberger besuchte der Landtagsabgeordnete Hans Jürgen Noss die Ortsgemeinde Mackenrodt, wo er vom Ortsbürgermeister und dem Beigeordneten Johannes Look begrüßt wurde.

Beide informierten Noss über die geplanten Vorhaben in der Gemeinde, wobei insbesondere die Erweiterung und Aufwertung des Streuobst-Erlebnispfades im Mittelpunkt stand.

Ortsbürgermeister Mildenberger stellte dem Landtagsabgeordneten die Masterarbeit von Robin Keppler vor, der an der Hochschule Geinsheim Landschaftsarchitektur studierte. Diese Arbeit ist voll mit tollen Ideen, die Mildenberger als sinnvolle Maßnahmen für die Zukunft vorstellte.

MdL Noss und Ortsbürgermeister Mildenberger betrachten die Entwürfe von Robin Keppler

Ein Highlight könnte die Panoramaleiter sein, von der man einen noch tolleren Überblick über die Streuobstwiesen gewinnt, aber auch noch weitere Fernsicht Richtung Saarland hat. Ein Streuobst-Spielplatz unter anderem mit einem Kletterapfel und einer Streuobstschaukel aus Holz sind weitere Bausteine. Auch das geplante „Rotäpfel-Schleifchen“ mit Streuobst-Landschaftsfenstern, das über die sehr schönen Wanderwege rund um Mackenrodt angelegt werden soll, begeisterte den Landtagsabgeordneten.

Ziel ist es, wie Mildenberger weiter berichtete, den seit 20 Jahren bestehenden Streuobstpfad weiter auszubauen und so umzugestalten, dass dieser als Naherholungsgebiet und Treffpunkt für Jung und Alt aus der Ortsgemeinde und darüber hinaus für die Menschen im Nationalparklandkreis Birkenfeld als touristische Attraktion ausgebaut wird.

Hans Jürgen Noss betonte, dass dieses und das unter anderem geplante Vorhaben „Abriss des Hauses Hauptstraße 11A“ zur Verkehrssicherung und anschließender Umgestaltung der Fläche zu einem Mehrgenerationenplatz zu begrüßen seien und dies natürlich nicht in ein oder zwei Jahren umzusetzen sei. Erforderlich sind hier auch die entsprechenden Förderungen durch das Land, wobei er die Ortsgemeinde gerne unterstützen wird.

Der Ortsbürgermeister freute sich abschließend, über das Interesse des Abgeordneten und die angebotene Unterstützung und bedankte sich.

MdB Dr. Joe Weingarten: Bericht aus dem Bundestag

Berlin, den 1. Dezember 2020

Zukunft der Automobilindustrie und der Mobilität

Liebe Genossinnen und Genossen,

die Corona-Pandemie und der Bundeshaushalt 2021 prägen im Moment die Arbeit des Bundestages und unserer Fraktion ganz wesentlich. Aber es gibt auch anderen Themen, an denen wir dran sind. Eines davon, die Zukunft unserer Automobilindustrie und der Mobilität in unserem Land, haben wir in den letzten Tagen intensiv auch mit der IG Metall und Betriebsräten diskutiert. Davon will ich Euch heute berichten.

Die Automobil- und Zulieferindustrie ist nicht eine Branche unter vielen: sie ist der zentrale Baustein unserer Industriegesellschaft mit 832.000 Beschäftigten und einem Gesamtumsatz von rund 430 Milliarden Euro. Rund 220 Milliarden davon gehen in den Export. Aber es geht nicht nur um die Auto-Produzenten, sondern auch um 1.800 Zulieferbetriebe mit mehr als 310.000 Beschäftigten und 80 Milliarden Euro Umsatz. Dazu kommen noch die Chemieindustrie, die zu einem Drittel vom Auto abhängt, der Maschinenbau und tausende von Dienstleistungsunternehmen, die die Produktion begleiten. Insgesamt sind mehr als 2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland mit dem Auto beschäftigt.

Viele von ihnen aus den klassischen Industriebranchen haben sich auf Verbrennungsmotoren und herkömmliche Antriebstechnik spezialisiert, auf Mechanik und Hydraulik. Doch die Inhalte ändern sich, Elektromobilität und Digitalisierung nehmen an Bedeutung stark zu. Und das trifft nicht nur die Unternehmen, sondern nahezu alle Beschäftigten. Kaum ein Arbeitsplatz in dieser Industrie wird in diesem Zusammenhang unverändert bleiben. Und auf diesem Weg, der Transformation der Industrie, muss die Politik die Unternehmen und die Beschäftigten begleiten. BMW, Daimler und Volkswagen sehen sich – nach eigener Aussage – künftig eher als Elektroautobauer und Softwarekonzerne. Die verschärften EU-Klimaziele und neue Konkurrenten wie Tesla und Googles Roboterauto-Tochter Waymo lassen ihnen auch keine grundsätzliche Alternative.

Grundsätzlich ist das eine positive Entwicklung: Durch die Digitalisierung werden Industrie-Prozesse automatisiert, verknüpft und optimiert. Der neue 5G-Mobilfunkstandard wird diesen Prozess weiter beschleunigen. Er ermöglicht die Kommunikation zwischen Sensoren und schafft große Datensätze, die Aufschluss über Strukturen und Muster geben, die bislang so nicht zu erkennen waren. Allerdings kommt die Technologie, mit der die deutsche Industrieproduktion vernetzt wird, zumeist aus anderen Ländern. Die Abhängigkeit und das Potential für Sicherheitslücken steigen dementsprechend an. Eine vernetzte Welt, bestimmt von wechselseitigen Abhängigkeiten, ist indes heute schon Realität. Die Geschwindigkeit der Vernetzung und Übertragung wird in Zukunft weiter zunehmen. Um vor diesem Hintergrund die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Technologieunternehmen auch zukunftsfähig zu machen, bedarf es großer Investitionen in Bildung und der Öffnung neuer Finanzierungsmöglichkeiten für Start-Ups.

Zu diesen technologischen Entwicklungen kommen politische Entscheidungen: die Automobilindustrie in Deutschland muss sich nicht nur wandeln, weil sich die Märkte und Techniken ändern, sondern auch weil sich die politischen Rahmenbedingungen geändert haben: der Verkehrssektor und die Industrie müssen ihren Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten. Oberste Vorgabe in der Automobilindustrie ist die Dekarbonisierung, d.h. die Reduktion von Kohlenstoffdioxid-Ausstoß aus der industriellen Produktion und dem Produkt an sich, dem Auto.

Die deutschen Automobilhersteller haben diese Entwicklung zu lange ignoriert, sich jetzt aber dazu bekannt, die EU-Klimaziele für 2030 mittragen zu wollen. Das geht ohne eine drastische Veränderung der Antriebsformen beim Pkw hin zur Elektromobilität (batteriegetrieben oder per Brennstoffzelle) nicht. 2014 wurde vereinbart, das über den gesamten Flottenausstoß der Hersteller hinsichtlich des Verbrauches der Pkw zu regeln: Seit Januar 2020 zugelassene Fahrzeuge dürfen in Europa im Schnitt demnach nur noch 95 g CO2 pro Kilometer ausstoßen. Dieser Betrag wir aber auf die Gesamtflotten der Hersteller hochgerechnet, wobei größere Fahrzeuge begünstigt werden. Bleiben die Hersteller unter diesen Grenzwerten, erhalten sie Gutschriften pro Fahrzeug, liegen sie drüber, sind Strafzahlungen fällig. Deswegen setzt beispielsweise VW so auf den ID3-Verkauf: Jedes verkaufte Fahrzeug senkt den Durchschnittswert der ganzen verkauften Flotte. Der Flottengrenzwert soll nach den bisherigen Plänen bis 2030 um weitere 37,5 % abgesenkt werden.

Nun hat die EU-Kommission neue Vorschläge gemacht, die – als Euro 7-Abgasnorm – nicht mehr auf den Gesamtverbrauch aller Fahrzeuge eines Herstellers, sondern auf den Schadstoffausstoß des einzelnen Fahrzeuges abzielen sollen und an einem anderen Schadstoffwert, dem Ausstoß von Stickoxiden (NOx) ansetzen. Neuwagen sollen künftig nur noch 30 mg/km NOx ausstoßen dürfen, in einem zweiten Szenario nur noch 10 mg/km. Bislang sind es 60 mg für Benziner, 80 mg für Diesel. Kohlenmonoxid soll von 1.000 bzw. 500 mg auf 300 bzw. 100 mg reduziert werden. Zudem sollen die Testmethoden verschärft werden. Damit würde der Betrieb von Verbrennungsmotoren ab 2025 erschwert. Auch wenn das gegenwärtig erst ein Diskussionsvorschlag der EU-Kommission ist, müssen wir uns bewusst machen, welche gravierenden Auswirkungen dieser Vorschlag für die deutsche Automobilindustrie haben kann, weil er ihr noch weniger Zeit zur Umstellung einräumen würde.

Grundsätzlich ist es richtig, dass die Abgasgrenzwerte weiter verschärft werden, um über das heute geltende Maß hinaus den Schadstoffausstoß der Fahrzeuge weiter zu senken. Auch in anderen Teilen der Welt, beispielsweise im wichtigen Automarkt China, geht man diesen Weg. Außerdem lassen uns die Einsicht in die umweltpolitische Notwendigkeit sowie verbindlich geschlossene Verträge auch gar keine andere Wahl. Die verschärften Normen sind einhaltbar, auch wenn sie die Kosten pro Fahrzeug um rund 1.000 Euro erhöhen werden. Aber sie beschleunigen wohl auch den Trend zur Elektromobilität.

Das ist nicht ohne positive Perspektiven für Unternehmen und Beschäftigung: Das Marktpotenzial der deutschen Automobilhersteller aus alternativen Antrieben könnte sich nach vorliegenden Studien von aktuell 12 Milliarden Euro jährlich auf bis zu 84 Milliarden Euro im Jahr 2030 steigern. Der größte Teil wird bis dahin auf Elektroantrieben auf Batteriezellen-Basis entfallen. Die verstärkten Förderungen des Bundes für die Elektromobilität – mit Zuschüssen von bis zu 9.000 Euro pro Fahrzeug – zeigen Wirkung. Im Oktober 2020 sind rund 32.500 Zuschussanträge eingereicht worden, dreimal so viel wie im Monat davor. Insgesamt seit Juli rund 100.000 Anträge und damit mehr als im gesamten Vorjahr. Das ist, allerdings, bei rund 4,7 Millionen Kfz, die pro Jahr in Deutschland produziert werden und 3,6 Millionen die 2019 neu zugelassen wurden, noch nicht besonders viel. Da fangen die Probleme an:

Denn wir sind mitten in diesem Strukturwandel und den Problemen, die er mit sich bringt. Die ersten Reaktionen auf die Veränderungen werden schon sichtbar. Continental hat den Abbau von 13.000 Beschäftigten angekündigt, ZF Friedrichshafen von 7.500, Daimler will einen erheblichen Teil seiner Verbrennungsmotoren künftig in China fertigen lassen und BMW in England. Der Abbau von Arbeitsplätzen schreitet voran. Das ist ein Thema, von dem auch unsere Region stark betroffen ist. Denn neben den Schwerpunkten der Zulieferindustrie in Deutschland (Baden-Württemberg, Bayern, Saarland) gibt es auch im Hunsrück und an der Nahe hoch qualifizierte Zulieferbetriebe. Continental Teves in Rheinböllen oder Voestalpine Stamptec in Birkenfeld zeigen die lokale Betroffenheit, wenn Hunderte von Arbeitsplätzen verloren gehen.

Wir müssen auf diese Entwicklungen reagieren. Zunächst ist es politisch wichtig, darauf einzuwirken, dass alle Berechnungen und Vorgaben für Abgasgrenzwerte sinnvoll angesetzt werden, um dem Verbrennungsmotor eine faire Chance für den Übergang zu geben. Denn bislang wird bei der Berechnung des CO2-Flottenausstoßes von Automobilherstellern nur der Verbrauch der PWKs bei der Benutzung eingepreist. Für den tatsächlichen CO2 Ausstoß eines Autos ist aber der gesamte Herstellungsprozess relevant. Um Anreize für eine effektive Reduktion des CO2 Ausstoßes in der Automobilindustrie zu setzen, sollte sich der Flottenausstoß aus Herstellungsprozess und der Nutzung eines PKWs zusammensetzen. Nur so kann mit einer echten Technologieoffenheit der Antrieb der Zukunft gebaut werden. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass bestimmte Antriebsarten nicht von vorneherein ausgeschlossen werden.

Und wir müssen langfristig denken. Der batteriebetriebene Elektroantrieb ist eine Übergangstechnologie, die aufgrund ihres hohen Ressourcenverbrauches nicht dauerhaft für den Pkw-Antrieb geeignet ist. Das Innovationspotential der Wasserstoff-Technologie hingegen bietet große Chancen für den Entwicklungsstandort Deutschland, allerdings steckt die Wasserstofftechnologie sowohl im Anwendungs- also auch im Produktionsbereich heute noch in den Kinderschuhen – und wir haben aktuell nicht ausreichend erneuerbare Energien zur Verfügung, um daraus den für den Gesamtverkehrs benötigten Wasserstoff herzustellen. Aber in zwei oder drei Jahrzehnten ist das aus meiner Sicht die Lösung für einen klimaneutralen, ressourcenschonenden Antrieb von Fahrzeugen – weltweit. Das gilt nach meiner Einschätzung noch mehr für Schwerlast-LKWs und Busse: da ist der Batteriebetrieb aufgrund seines hohen Eigengewichtes keine Lösung und wir sollten schnellstmöglich auf Wasserstoff, Biokraftstoffe oder Flüssiggas umsteigen.

Das ist aber nur die technische Seite des Themas: Bei allen Umwälzungs- und Veränderungsprozessen in der Welt muss die soziale Frage der Kern sozialdemokratischer Perspektive bleiben. Nur durch eine sozial verträgliche Umgestaltung der deutschen und europäischen Automobilindustrie und der Wertschöpfungsketten kann unsere Gesellschaft ihre Stabilität erhalten. Wir müssen im ländlichen Raum den Menschen die Chance erhalten, auch künftig mit einem eigenen, bezahlbaren Pkw die notwendigen Wege zurück zu legen. Auch weil wir gar nicht in der Lage sind, einen flächendeckenden, umfassenden ÖPNV als Alternative aufzubauen, der, wie in den Städten, es grundsätzlich ermöglicht, ohne Auto zu leben, wenn man das will. Das muss auch für Menschen mit geringeren oder mittleren Einkommen gelten. Deswegen ist es richtig, die Zuschüsse für den Kauf von Elektrofahrzeugen durch den Bund weiter zu gewähren.

Und wir müssen weiter in die Infrastruktur verbessern. Dazu gehört der Ausbau der Ladeinfrastruktur (bis 2026 sollen Ladesäulen an drei von vier Tankstellen in Deutschland entstehen), notwendige Straßenbauprojekte und, selbstverständlich, alle Vorhaben, die den ÖPNV stärken und beispielsweise eine Verlagerung von Verkehr auf die Schiene ermöglichen. (In diesem Zusammenhang: Die Landtagskollegen Benedikt Oster, Bettina Brück und ich stehen weiterhin in gemeinsamem Kontakt zur Deutschen Bahn, den beteiligten Ministerien und Anderen, um eine Reaktivierung der Hunsrückbahn voran zu treiben, aber gleichzeitig die betroffenen Anwohner/innen zu schützen.)

Unser Anliegen als Sozialdemokratie muss es aber auch sein, die anstehenden Umstrukturierungen in der Automobilindustrie zu unterstützen und zu begleiten, um sie zu erhalten: Ich sehe keine Alternative dazu, dass Deutschland auch weiterhin eine Arbeits- und Industriegesellschaft bleibt, auch in unserer Region. Dienstleistungen, Handel, Tourismus sind wichtig und müssen zunehmen, wenn wir Arbeitsplätze und Wohlstand erhalten wollen: Aber sie können die Industrie nicht ersetzen, die sich an der Nahe und im Hunsrück herausgebildet hat.

Aber klar ist: deren Arbeit wird sich verändern: Technologischer Wandel, Digitalisierung und Anwendungen künstlicher Intelligenz werden dazu führen, dass bisherige Tätigkeiten wegfallen und völlig neue Tätigkeiten entstehen. Beschäftigte von heute dafür frühzeitig zu qualifizieren, die Arbeit von morgen zu machen, wird daher auch zur Herausforderung hinsichtlich der Ausbildungsinhalte in Schulen, Betrieben und Universitäten.

Die Unternehmen brauchen neue Produkte, die die Digitalisierung der Fahrzeuge und ihre Dekarbonisierung nachvollziehen und die Beschäftigten brauchen entsprechende Qualifizierungen, um auf die Änderungen der Produktionsbedingungen und die neuen Produkte einzugehen. Das geht nur gemeinsam mit den Betriebsräten. Wir brauchen dazu eine starke Sozialpartnerschaft, die anständige Löhne und gute Arbeitsbedingungen auch unter den sich wandelnden Voraussetzungen ermöglicht. Gleiches gilt für das Arbeitsrecht, einen wirkungsvollen Arbeitsschutz und nicht zuletzt für eine passgenaue Förderung durch Qualifizierung sowie Fort- und Weiterbildung.

Das alles ist nicht völlig neu. Einen ähnlichen Strukturwandel hatten wir auch, als in der Industrie die Robotertechnik Einzug hielt, oder in den Büros die Computer. Allerdings wird der jetzt kommende Wandel schneller kommen und deswegen müssen wir auch schneller reagieren. Mir ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig, dass wir auf diese Herausforderungen nicht nur in den Ballungsräumen reagieren, sondern, in engem Kontakt mit IG Metall, der IG BCE und den Betriebsräten der betroffenen Betriebe auch für unsere Unternehmen gemeinsam Lösungen erarbeiten. Einer der geplanten Innnovationscluster des Bundes sollte an der Nahe und im Hunsrück entstehen und die Transformation gemeinsam angehen. Dann besteht auch die Chance, an Mittel aus dem „Zukunftsfonds Automobilindustrie“, den die Bundesregierung mit 2 Milliarden Euro ausstatten will, für die Region zu kommen. Dafür werde ich mich in Berlin weiter einsetzen. Hier zeigt sich ganz besonders, wie wichtig es ist, dass unsere Region im Bundestag schlagkräftig vertreten ist und die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Unternehmen vertritt.

Ich bin auf diesen Punkt sehr ausführlich eingegangen, weil ich überzeugt bin, dass das eine Frage ist, die für die wirtschaftliche Zukunft unserer Region von großer Bedeutung ist und ich aus den Reaktionen auf meine Berichte weiß, das viele von Euch gerade diese Hintergrundinformationen schätzen.

Zum Abschluss möchte ich nur kurz zwei andere Themen ansprechen: Ich bin froh, dass es meinem Team und mir gelungen ist, zwei Fördervorhaben in den Haushaltsberatungen der letzten Wochen zu verankern: Die Neuanlage des Helmut Kohl-Europaplatzes in Idar-Oberstein wird mit rund 560.000 Euro aus Mitteln des Bundes gefördert und das Mittelmosel-Museum in Traben-Trarbach bekommt 1,6 Millionen für eine Neukonzeption. Das sind schöne Erfolge und ich kann diejenigen unter Euch, die kommunalpolitische Verantwortung tragen, nur weiter ermuntern uns entsprechende Vorhaben und Projekte zu melden, die ich in Berlin unterstützen kann.

Auch unsere Präsenz in der Region steigt. Neben dem Wahlkreisbüro in Idar-Oberstein, mit dem viele von Euch in Kontakt stehen, wird es ab dem heutigen 1. Dezember ein zweites Wahlkreisbüro in der Gymnasialstraße 2 in Bad Kreuznach geben. Es wird mit Peter Frey, dem ehemaligen Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bad Kreuznach-Land, besetzt. Darüber freue ich mich sehr! Für Terminvereinbarungen und Anliegen jeder Art meldet Euch bitte unter joe.weingarten.wk@bundestag.de.

Herzliche Grüße und passt auf Euch auf!

Dr. Joe Weingarten, MdB

MdB Dr. Joe Weingarten: Bericht aus dem Bundestag

Berlin, den 18.11.2020

Bericht aus dem Deutschen Bundestag

Drittes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite

Liebe Genossinnen und Genossen,

das „Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ hat zu einer breiten gesellschaftlichen Debatte geführt. Ich habe dazu hunderte von Mails und Briefen erhalten und sehr viele Einzelgespräche geführt. Von maßloser Kritik und aggressiver Hetze bis zu deutlicher Unterstützung war alles dabei. Ich bin mir bewusst, dass auch in Eurem Umfeld, in den Familien, Betrieben, Vereinen, über das Gesetz gesprochen und manches hinterfragt wird. Das zeigen mir die vielen Anfragen und Hinweise, die ich von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dazu bekommen habe. Um Euch zu informieren und auch für Diskussionen und Gespräche mit Argumenten auszustatten, widme ich den heutigen Bericht aus Berlin ganz diesem Gesetz.

Die derzeitige Lage ist in jeglicher Hinsicht außergewöhnlich: Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ist nach einem vergleichsweise entspannten Sommer wieder eine deutliche Reduzierung von Kontakten erforderlich, da sich das Virus oftmals ohne erkennbare Symptome und daher zunächst unerkannt weiterverbreitet. Bei wem sich ein schwerer Verlauf entwickelt, lässt sich im Vorhinein nicht sagen. Insbesondere ältere Menschen und Menschen mit chronischen Erkrankungen (nach Schätzungen rund 40 Prozent unserer Gesellschaft) sind darum auf ein solidarisches Handeln der gesamten Gesellschaft angewiesen. Aber auch jüngere Menschen haben teilweise mit massiven Spätfolgen einer COVID-19-Erkrankung zu kämpfen, die es zu verhindern gilt. Politik ist verantwortlich dafür, Leben und Gesundheit der Menschen zu schützen. Deswegen müssen wir handeln.

Nach dem in dieser Frage eher problemlosen Sommer stehen wir seit Oktober vor einer zweiten Infektionswelle. Trotz des erheblich ausgeweiteten Schutzes besonders gefährdeter Gruppen ist es gerade dort zu einer Zunahme der schweren Verläufe und Todesfälle gekommen. Die Überlastung der Krankenhäuser und der Intensivstationen droht. Aktuell sterben in Deutschland täglich rund 200 Menschen an dem Virus.

Darüber sind die mit den Infektionen verbundenen hohen Krankenstände und vielen Quarantänefälle auch für unsere Wirtschaft extrem belastend und gefährden die Aufrechterhaltung der Infrastruktur. Trotz alledem ist es richtig, dass die Schutzmaßnahmen immer wieder überprüft werden müssen. Dabei dürfen uns nicht nur gesundheitspolitische Ziele leiten, sondern auch die sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen. Denn was wir schon beschlossenen haben und gegebenenfalls noch beschließen werden, bringt erhebliche Schwierigkeiten für die Menschen mit sich, gefährdet Existenzen und greift drastisch in Freiheitsrechte ein.

Ich habe es immer für bedenklich gehalten, dass solche staatlichen Eingriffe nur sehr ungenau vom Bundestag beschlossen, sondern im Wesentlichen von der Bundes- und den Landesregierungen verordnet wurden. Das macht die Maßnahmen an sich nicht falsch, aber es war an der Grenze unseres Verfassungsstaates, wieviel Macht da ohne aus meiner Sicht ausreichende Legitimation an Gesprächsrunden wie die Ministerpräsidentenkonferenzen mit der Kanzlerin verlagert wurde. Gut, dass wir das jetzt ändern.

Das Gesetz ist ein wichtiges Instrument, um im Kampf gegen die Corona-Pandemie mehr Rechtssicherheit und parlamentarische Kontrolle zu erreichen. Es schafft für Bundes- und Landesregierungen konkrete rechtliche Leitplanken, innerhalb derer sie sich im Kampf gegen die Pandemie bewegen dürfen. Die leider notwendigen massiven Einschränkungen der Freiheitsrechte, die wir den Bürgerinnen und Bürgern zumuten müssen, haben jetzt eine klare gesetzliche Grundlage und beruhen auf einem Beschluss des Bundestages. Jetzt ist klar, wer für die Regelungen zu Abstandsgeboten, zu Restaurantschließungen, aber auch zu grundrechtssensiblen Bereichen wie der Einschränkung der Bewegungs- oder Versammlungsfreiheit letztlich verantwortlich ist: der Deutsche Bundestag. Das ist richtig so.

Ziele der Änderungen am Infektionsschutzgesetz sind ein effektiverer Grundrechtsschutz für die Bürgerinnen und Bürger, eine stärkere parlamentarische Kontrolle der Bundesregierung und mehr Rechtssicherheit. Dazu wird in dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz in einem neuen § 28a konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen, welche Grundrechte wie lange und zu welchem Zweck im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eingeschränkt werden dürfen.  Die bislang geltende Generalklausel sah entgegen der Kritik viel mehr Entscheidungsspielraum für die Bundesregierung vor. Hier hat die SPD-Bundestagsfraktion Druck gemacht und verlangt von der Bundesregierung eine regelmäßige Berichtspflicht über die Entwicklung der Pandemie.

Darüber hinaus werden Anpassungen im Infektionsschutzgesetz vorgenommen, um

  • die Länder, die Gesundheitsämter, die Krankenhäuser und die Pflege-, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen bei der Bekämpfung der Pandemie besser zu unterstützen.
  • mehr finanzielle Unterstützung für Krankenhäuser, die zunehmend COVID-19-Patienten behandeln müssen und dafür die notwendigen personellen und sachlichen Kapazitäten bereithalten müssen.
  • eine Impfstrategie zum 16. Dezember vorzubereiten und die Testkapazitäten zu erhöhen.

Durch welche Änderungen sollen die Grundrechte in der Pandemie geschützt werden? Statt der schon angesprochenen Generalklausel sieht der neue § 28a IfSG nun eine Auflistung von 17 konkreten Maßnahmen vor, die einzeln oder zusammen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen werden können. Das sind beispielsweise schon bekannte Instrumente wie die Anordnung eines Abstandsgebots im öffentlichen Raum, Verpflichtung zur Erstellung und Anwendung von Hygienekonzepten, Untersagungen von Sportveranstaltungen oder Schließungen der Gastronomie und Hotellerie.

Das Gesetz legt außerdem fest, die Schwere von Maßnahmen vom Infektionsgeschehen abhängig zu machen. Hierdurch schaffen wir endlich einen klareren Rechtsrahmen: Die Landesregierungen erhalten so konkretere rechtliche Leitplanken, innerhalb derer sie sich bewegen dürfen, und das Corona-Krisenmanagement wird für die Bürgerinnen und Bürger transparenter gestaltet. Das Gesetz schafft also keine Willkür, sondern verhindert sie ausdrücklich.

Außerdem regelt das Gesetz besonders grundrechtssensible Bereiche wie die Religions- oder Versammlungsfreiheit oder die Anordnung von Kontaktbeschränkungen. Auch diese Maßnahmen dürfen nur ergriffen werden, wenn kein milderes Mittel erfolgsversprechend ist. Zudem wird klargestellt, dass die Länder bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen auch soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit zu berücksichtigen haben und dass Schutzmaßnahmen nur angeordnet werden können, solange und soweit es für eine wirksame Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

Die Maßnahmen sind in Zukunft auch grundsätzlich auf zunächst vier Wochen zu befristen und können nur mit einer erneuten Entscheidung der Landesregierung verlängert werden. Befristungen sorgen dafür, dass regelmäßig neu die Verhältnismäßigkeit überprüft wird. Diese Verbesserungen des Grundrechtsschutzes sind entscheidend auf die Initiative der SPD zurückzuführen.

In sozialen Netzwerken werden Vergleiche zu dem Ermächtigungsgesetz gezogen, das die Nationalsozialisten 1933 im Reichstag beschließen ließen. Das ist unhistorisch, Unsinn und eine Verhöhnung der NS-Opfer. Dieser Vergleich ist für uns Sozialdemokratinnen und -demokraten in jeder Hinsicht unerträglich. Außerdem ist er auch inhaltlich falsch: Das Parlament macht den Landesregierungen mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz im Gegenteil strengere Vorgaben, als dies bislang der Fall war. Es handelt sich also eher um ein Begrenzungsgesetz. Ein Beispiel hierfür: die Streichung des viel zu weit gefassten § 5 Abs. 2 Nr. 3 des Infektionsschutzgesetzes, der dem Bundesgesundheitsminister bislang weitreichende Befugnisse eingeräumt hatte. Die Befugnisse der Regierung werden also deutlich reduziert.

Die Maßnahmen sind auch nicht auf Dauer angelegt. Die Möglichkeit, Schutzmaßnahmen gemäß Infektionsschutzgesetz zu ergreifen, gilt nur so lange, wie für Deutschland eine epidemische Lage nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag festgestellt wird. Diese gilt aktuell bis zum 31.03.2021.

Durch eine Änderung im 3. Bevölkerungsschutzgesetz wird für die epidemische Lage nationaler Tragweite in der Gesetzesänderung zudem festgelegt, dass sie nur gilt, solange entweder die WHO weiterhin eine Pandemie ausgerufen hat oder eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in Deutschland stattfindet. Das Vorliegen dieser Bedingungen bleibt jederzeit rechtlich überprüfbar.

Stimmt es, dass es eine Impfpflicht geben soll? – Nein. Eine Impfpflicht wird im Dritten Bevölkerungsschutzgesetz nicht geregelt und ergibt sich auch nicht mittelbar aus dem Gesetz. Es stimmt auch nicht, dass mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz der Einsatz der Bundeswehr im Innern neu geregelt wird. Auch im bisher geltenden Infektionsschutzgesetz gab es die angesprochene Vorschrift, § 54 a IfSG „Vollzug durch die Bundeswehr“, bereits. Hierbei geht es nicht darum, dass die „Bundeswehr im Rahmen einer Pandemie in Deutschland gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt“ werden soll. Die Vorschrift richtet sich ausschließlich nach innen, in die Bundeswehr hinein. Zweck der Vorschrift ist es, den Infektionsschutz von Soldatinnen und Soldaten zu gewährleisten.

Ich hoffe, dass ich Euch mit meinen Ausführungen helfen konnte, Ziel und Inhalt der Reform etwas besser einzuordnen. In den letzten Wochen habe ich die kritischen Gegenargumente, sowohl im Hinblick auf die Maßnahmen, als auch auf Kriterien wie die 50-Personen-Grenze pro 100.000 Einwohner als Auslöser für staatliche Maßnahmen intensiv durchgearbeitet und verschiedenste medizinische, juristische und wirtschaftspolitische Stellungnahmen studiert. Am Ende bin ich überzeugt: Es ist nicht perfekt, aber richtig, was wir tun. Es gibt keine vernünftige Alternative dazu und die Ermächtigungen, die das Gesetz für die staatlichen Behörden enthält, sind angemessen.

Als Bundestagsabgeordneter aus einem ländlichen Wahlkreis sind mir auch die in dem Gesetz enthaltenen Ausgleichszahlungen für durch die Pandemie entstandene Kosten und Mindereinnahmen von Krankenhäusern wichtig. In der Nahe-Region gibt es Häuser, deren finanzielle Decke auch so schon dünn genug ist. Sie müssen erhalten bleiben – gerade in einer Pandemie.

Die im Gesetz beschlossenen Regeln für die Impfungen sind mir ebenfalls wichtig: Es gibt keine Impfpflicht, aber es darf auch nicht einen Fall geben, in dem ein Mensch keinen Impfstoff erhält, weil es ihm an finanziellen Mitteln mangelt.

Die SPD-Bundestagsfraktion wird auch weiterhin darauf achten, dass wir die Pandemie mit aller Notwendigkeit bekämpfen, aber stets auch die Folgen der staatlichen Maßnahmen im Auge behalten.

Herzliche Grüße und bleibt gesund!

Dr. Joe Weingarten, MdB

MdB Dr. Joe Weingarten: Bericht aus dem Bundestag

Berlin, den 4. November 2020

Liebe Genossinnen und Genossen,

natürlich stehen wir im Moment unter dem Eindruck der US-Präsidentschaftswahlen, deren Ausgang jetzt, am Mittag danach, weiter offen ist. Allerdings zeigt sich schon jetzt durch das unerwartet enge Rennen, dass die Wählerinnen und Wähler in den USA – insbesondere in ländlichen Regionen – konservativer gewählt haben, als dies von vielen prognostiziert wurde, eine Erfahrung, die wir auch in europäischen Wahlen der letzten Jahre gemacht haben. Mir ist das auch im Blick auf die 2021 anstehende Bundestagswahl eine Lehre: Wir müssen die Belange und Sorgen der Menschen außerhalb von Großstädten mit ihren eher linken Mehrheiten verstärkt in den Blick nehmen und nachdrücklich versuchen, so auch Wählerinnen und Wähler aus der politischen Mitte zu gewinnen. Damit erreichen wir Mehrheiten.

Ansonsten stehen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie im Fokus unserer Arbeit. Ich bin mir bewusst, dass der teilweise Lockdown für viele Unternehmen, vor allem in der Gastronomie und der Hotellerie oder im Veranstaltungs- und Reisegeschäft, erhebliche Einschränkungen und Schwierigkeiten mit sich gebracht hat. Das Gleiche gilt für viele Vereine, etwa im Sport. Aber ich stehe ausdrücklich dazu, dass wir die Kontaktmöglichkeiten heruntergefahren haben. Es ging nicht anders, sonst hätten wir in zwei oder drei Wochen alles dicht machen müssen, weil die Intensivstationen der Krankenhäuser überfüllt worden wären.

Denn wir haben aus dem Lockdown im März/April auch gelernt: Entscheidend ist, dass Schulen und KiTas geöffnet bleiben. Denn die Förderung der Kinder ist grundsätzlich von hoher Bedeutung, wir dürfen keine durch Corona dauerhaft benachteiligten Jahrgänge zulassen. Es gibt auch ein wirtschaftliches Motiv: Werden sie geschlossen, können viele Eltern nicht mehr zur Arbeit gehen und dann wird es sehr schwierig für die Unternehmen. Deshalb auch an dieser Stelle ein großes Lob für die Lehrer/innen und Erzieher/innen, die viel Zeit und Engagement in Hygienekonzepte und Ablaufregeln gesteckt haben: Es wird im kommenden Winter nicht einfach werden, aber es ist ungeheuer wichtig, dass Schulen und Kindertagesstätten weiter offenbleiben.

Die Bekämpfung der Corona-Pandemie stellt auch eine Herausforderung für unser politisches System dar. Zur Bekämpfung der Pandemie wird drastisch in Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger, aber auch von Unternehmen, Vereinen und der Zivilgesellschaft eingegriffen. Die im letzten halben Jahr verordneten Beschränkungen bedürfen nicht nur fortlaufend einer klaren inhaltlichen Begründung, sie müssen auch angemessen und nachvollziehbar sein. Dies gilt vor allem in drei Punkten:

Erstens war die Vielzahl der unterschiedlichen Regelungen in den Ländern für die Bürger kaum noch nachvollziehbar. Sie war inhaltlich kaum begründbar und – siehe die Reisebeschränkungen aus Risikogebieten – teilweise nicht mehr vernünftig umsetzbar und rechtswidrig. Deswegen war es richtig, dass Bund und Länder jetzt ein einheitliches Vorgehen vereinbart haben.

Zweitens müssen wir in längeren Zeiträumen denken. Die Kurzfristigkeit der Maßnahmen, etwa in der Unterstützung von Unternehmen, macht eine vernünftige Planung nahezu unmöglich. Deswegen ist es gut, dass die wir die, etwa bei den Programmen zur Unterstützung von Unternehmen, jetzt bis Juni 2021 möglich machen. Dafür habe ich mich auch persönlich eingesetzt.

Drittens gilt: Deutschland ist eine parlamentarische Demokratie. Die politischen Grundlinien werden von unmittelbar gewählten Abgeordneten festgelegt. Auch über jene der Pandemie-Politik muss der Bundestag entscheiden. Der Bundestag ist wiederum in der Pflicht, schnell und entschlossen notwendige Maßnahmen zu beschließen, falls notwendig. Ich bin froh, dass die SPD-Bundestagsfraktion in dieser Frage mehr Beteiligung einfordert.

Die jetzigen Schließungsmaßnahmen sind umso bedauerlicher, als sich unsere Wirtschaft gerade zu erholen begann: Im Oktober 2020 ist die Zahl der Arbeitslosen gegenüber September um 35.000 gesunken und die Zahl der Kurzarbeiter/ innen sank von 2,6 Millionen um rund 2 Millionen. Die 68 Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung und zur Konjunkturstützung, die wir mittlerweile beschlossen haben, wirken also.

Aber die Schließung im November erfordert neue Maßnahmen. Deswegen hat die Bundesregierung 10 Milliarden Euro im Rahmen der „außerordentlichen Wirtschaftshilfe“ für diesen Monat bereitgestellt, um den betroffenen Betrieben zu helfen. Ausgehend von den Umsätzen im November 2019 (oder einem Zwölftel des Jahresdurchschnitts von 2019) sollen kleine und mittlere Unternehmen bis zu 75 Prozent des Umsatzes erstattet bekommen, um ihnen über diesen Monat zu helfen. Die Einzelheiten dazu werden gerade erarbeitet, wir sind als Fraktion sehr engagiert dabei, dass die Einzelheiten sachgerecht gelöst werden und es nicht zu bürokratisch wird, damit die Gelder auch möglichst schnell fließen.

Zugleich arbeiten wir an einer zusätzlichen Lösung für die vielen Soloselbständigen, die beispielsweise bei Veranstaltungen oder im Kulturbereich, seit Monaten überhaupt keine Umsätze mehr machen konnten. Bislang konnten wir sie auf (verbesserte) Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II („Hartz IV“) verweisen. Das ist aber, angesichts der sicher noch bis weit in das Jahr 2021 dauernden Beschränkungen, keine dauerhafte Lösung. Ich setze mich dafür ein, dass hier eine Unterstützung unabhängig von konkret nachzuweisenden Betriebskosten (die viele Soloselbständige gar nicht haben) gefunden wird, um hier den Lebensunterhalt zu sichern.

Ein Thema, dass uns in dieser Woche im Wirtschaftsausschuss stark beschäftigt hat, ist die Zukunft unserer Automobilindustrie. Das ist ein Thema, das auch für die vielen Zulieferunternehmen im Nahe-Land und im Hunsrück, von hoher Bedeutung für die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze ist. Die Zulieferindustrie trifft sowohl der Umstieg auf die Elektromobilität, als auch der konjunkturelle Rückschlag aufgrund der Corona-Pandemie hart: 25 % Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Wir müssen aufpassen, dass uns hier keine Industrie kaputt geht, die wir dringend brauchen und für die es kurzfristig keinen Ersatz gibt.

Völlig klar: Der mittelfristige Weg weg vom Verbrennungsmotor ist unverzichtbar und nicht aufzuhalten. Die Klimakrise verlangt das von uns. Und es gibt schon erhebliche Investitionen in neue Produktionsstätten, beispielsweise bei Tesla in Brandenburg oder VW in Sachsen. Aber es bleiben wesentliche offene Fragen im Hinblick auf die batteriebetriebene Mobilität. Vor allem bei der Ladeinfrastruktur und bei der Batteriezelleproduktion.

Um die bis 2030 erwarteten 14 bis 16 Millionen E-Fahrzeuge in Europa mit Batterien zu versorgen, brauchen wir eine Vervielfachung der Batteriezellenproduktion. Erste Vorhaben, wie beispielsweise das Opel-Peugeot-Werk in Kaiserslautern, werden da bei weitem nicht ausreichen. Aber es wäre verheerend, wenn wir da, ähnlich wie bei der Solarzellenproduktion in eine neue Abhängigkeit von asiatischen Zulieferern gerieten. Zeitgleich ist der Aufbau einer Zweitverwertungs- und Recyclingindustrie für diese Batterien notwendig, um einen echten Kreislauf zu schaffen.

Genauso bei den Ladesäulen: Wenn die Ziele der Bundesregierung für die Versorgung von Elektrofahrzeugen bis 2025 erreicht werden sollen, brauchen wir bis dahin rund eine Million neue Ladesäulen. Das sind rund tausend pro Woche. Gegenwärtig bauen wir aber durchschnittlich nur 200 wöchentlich. Das sind also noch deutliche Steigerungen notwendig. Eine deutliche Verbesserung erhofft sich die SPD-Bundestagsfraktion vom „Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz GEIG“, das wir gerade beraten. Mit ihm wollen wir die Ladung von E-Fahrzeugen zu Hause, am Arbeitsplatz und bei Einkäufen verbessern. Dazu sollen bei unter anderem bei Wohngebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen alle Stellplätze mit Leitungsinfrastruktur für Elektromobilität ausgestattet werden. Das alles wird aber dauern.

Und da reden wir nur von Pkw und kleinen Nutzfahrzeugen, noch nicht von Lkw und Bussen. Aus diesen Gründen und weil ich das Konzept für technisch besser halte, trete ich weiterhin dafür ein, nicht nur auf die batteriegestützte Elektromobilität zu setzen, sondern auch synthetische Kraftstoffe, E-Fuels und Wasserstoff weiter voran zu treiben. Und auch wenn wir es schaffen, dass bis 2030 die Hälfte der neu zugelassenen Fahrzeuge E-Mobile sind, werden dann immer noch 75 % der Autos in Deutschland Verbrenner sind.

Das gibt uns aber auch den Rahmen vor, in dem wir etwas für die betroffenen Unternehmen und Arbeitsplätze tun müssen: in den nächsten fünf Jahren muss es konkrete Schritte für diese, vorwiegend mittelständischen Unternehmen geben. Wir müssen ihnen Mittel geben, um in neue Produkte und Produktionsverfahren zu investieren, wir müssen die Beschäftigten schulen und qualifizieren und es muss eine Zusammenarbeit in der Region organisiert werden, denn viele Probleme können gemeinsam leichter gelöst werden. Wir sind dazu als Bundestagsfraktion in Berlin in engem Kontakt mit den Gewerkschaften IG Metall und IG BCE und ich bin auch der IG Metall in Bad Kreuznach dankbar, dass sie mich in einen entsprechenden Dialog mit den Betriebsratsvorsitzenden der betroffenen Unternehmen einbezogen hat. Mein Ziel ist, dass die Milliarden, die die Bundesregierung für den Strukturwandel in der Automobilindustrie bereitgestellt hat, nicht nur in die Ballungsräume der Automobilindustrie in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen fließen, sondern auch bei uns eingesetzt werden.

Viel Arbeit für die nächsten Monate.

Herzliche Grüße und bleibt gesund!

Dr. Joe Weingarten MdB

MdB Dr. Joe Weingarten: Bericht aus dem Bundestag

Berlin, den 28. September 2020

Liebe Genossinnen und Genossen,

die aktuelle Bundestagswoche steht ganz unter dem Eindruck der Haushaltsberatungen für 2021. Da ich von Euch immer wieder auf die Finanz- und Steuerpolitik angesprochen werde, informiere ich Euch heute umfassend über unsere Ansätze dazu:

Die Bundesregierung hat am 23. September den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2021 und den Finanzplan bis 2024 beschlossen. Es ist ein außergewöhnlicher Haushalt in außergewöhnlichen Zeiten. Das kommt schon dadurch zum Ausdruck, dass der Bundestag den Regierungsentwurf erst jetzt vorgelegt bekommt, und nicht wie normalerweise im Juni. Auch sonst steht dieser Haushaltsentwurf ganz im Zeichen der Corona-Krise und des damit verbundenen massiven Einbruchs der Wirtschaft.

Aufgrund der historisch einmaligen Herausforderungen durch die Pandemie müssen wir für das Jahr 2021 erneut eine Ausnahme von der Schuldenregel („schwarze Null“) machen. Das Ausmaß der Krise erfüllt auch 2021 die Voraussetzungen für eine außergewöhnliche Notsituation. Die neu aufgenommenen Schulden sollen im Zeitraum von 2026 bis 2042 zurückgezahlt werden.

Im Einzelnen sieht der Regierungsentwurf für das Jahr 2021 eine Nettokreditaufnahme in Höhe von 96,2 Milliarden Euro vor. Dies ist ein deutlicher Rückgang gegenüber der Neuverschuldung von 217,8 Milliarden Euro in diesem Jahr. In den kommenden Jahren wird die Neuverschuldung weiter deutlich zurückgefahren, bis sie im Jahr 2024 nur noch 5,2 Milliarden Euro betragen soll.

Die Haushaltslage ist aber, trotz der großen Herausforderung durch die Pandemie, zu bewältigen. Die verantwortungsvolle Finanzpolitik der letzten Jahre hat uns eine starke und konsequente Antwort auf den wirtschaftlichen Einbruch ermöglicht.

Zum Vergleich: In Folge der internationalen Finanzkrise 2008/2009 erreichten die gesamtstaatlichen Schulden ihren bisherigen Höchstwert von 82,4 Prozent des BIP. Wir hatten diese Schuldenquote bis Ende 2019 auf unter 60 Prozent reduziert, wie in Europa verabredet. Jetzt gehen wir wieder auf etwa 75 % hoch.

Wir wollen vor allem investieren und damit die Wirtschaftskrise überwinden. Schon mit dem Konjunktur- und Zukunftsprogramm haben wir unsere Fähigkeit gezeigt, uns mit aller Kraft gegen den wirtschaftlichen Abschwung zu stemmen. Mit dem Haushalt 2021 und der Finanzplanung bis 2024 setzen wir die Investitionsoffensive des Bundes fort. Die Investitionsausgaben belaufen sich im Jahr 2021 auf 55 Milliarden Euro. Insgesamt sieht der Regierungsentwurf im Zeitraum 2020 bis 2024 Investitionen in Höhe von 270,5 Milliarden Euro vor.

Investitionen in eine moderne Infrastruktur sind eine unverzichtbare Voraussetzung für ein modernes und klimafreundliches Land. Deshalb steigen die Verkehrsinvestitionen mit 18,6 Milliarden Euro erneut auf Rekordniveau. Dabei geht es auch um den klimafreundlichen Umbau des Verkehrssektors, wie die Modernisierung des Schienennetzes. Gleichzeitig stärken wir die Innovationskraft. Allein im Jahr 2021 sind für Bildung und Forschung 28,5 Milliarden Euro vorgesehen, so viel wie noch nie. Bis 2024 sind es gut 110 Milliarden Euro. Ein wichtiger Schwerpunkt der Forschungsagenda ist die Bewältigung der Corona-Pandemie. Deshalb stehen der Gesundheitsforschung 2021 so viele Mittel zur Verfügung, wie noch nie zuvor, beispielsweise über das Bundesministerium für Bildung und Forschung insgesamt rund 875 Millionen Euro. Davon fließen 484 Millionen Euro direkt in die Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Wir treiben auch die Energiewende und den Klimaschutz weiter entschlossen voran. Zentrales Finanzierungselement hierfür ist das Sondervermögen „Energie- und Klimafonds (EKF)“. Daraus werden insbesondere Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung, zur Förderung der Elektromobilität, der Ladeinfrastruktur und Energiespeicher sowie zur Energieeffizienz und Dekarbonisierung in der Industrie finanziert. Der EKF ermöglicht aber auch die konkrete Entlastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft beim Strompreis sowie die Entschädigungszahlungen für Betreiber von Kohlekraftwerken beim Kohleausstieg. Zu den wichtigen Projekten zur Innovationsförderung gehört ein ambitioniertes Investitionspaket zum entschlossenen Einstieg in die Zukunft der Wasserstoff-Technologie. Damit soll der Weg in Richtung Treibhausgasneutralität in Industrie und Schwerlastverkehr geebnet werden. Hierfür sind in den Jahren 2020 bis 2024 insgesamt 7 Milliarden Euro vorgesehen.

Die Bundesregierung will die Digitalisierung aktiv mitgestalten: Mir ist deshalb besonders wichtig, dass die Förderung des Ausbaus von Künstlicher Intelligenz (KI) fortgesetzt wird. Mit der Finanzplanung werden dazu erneut 500 Millionen Euro auf die einzelnen Ressorts verteilt. Außerdem werden im Regierungsentwurf die im Konjunktur- und Zukunftsprogramm vorgesehenen 2 Milliarden Euro für KI abgebildet. Hierfür sollen in den nächsten fünf Jahren jeweils 400 Millionen Euro bereitgestellt werden. Außerdem will die Bundesregierung die Quantentechnologien mit zusätzlichen 400 Millionen Euro jährlich fördern. Weitere 2 Milliarden Euro sind bis 2024 vorgesehen für Forschung und Entwicklung in der Kommunikationstechnologie 5G, und perspektivisch auch in 6G.

Gerade in Zeiten der Krise zeigt sich die Notwendigkeit eines starken Sozialstaats. Der bisherige Verlauf der Krise hat gezeigt, dass es richtig war, den Zugang zum Kurzarbeitergeld deutlich zu erleichtern. Dadurch konnte eine große Zahl Arbeitsplätze in der Krise erhalten werden. Damit die Bundesagentur für Arbeit (BA) künftig handlungsfähig bleibt, wollen wir dafür sorgen, dass sie schuldenfrei in das Jahr 2022 starten kann. Dazu wird der Bund das der BA gewährte Darlehen am Jahresende 2021 erlassen bzw. unterjährige Liquiditätshilfen in einen Zuschuss umwandeln, sofern die BA nicht über eigene ausreichende Mittel verfügt.

Für den sozialen Zusammenhalt ist bezahlbarer Wohnraum eine Grundvoraussetzung. Deshalb unterstützt die Bundesregierung die Länder bis 2024 mit jährlich 1 Milliarde Euro beim Sozialen Wohnungsbau. Außerdem sind im kommenden Jahr knapp 900 Millionen Euro für das Baukindergeld vorgesehen, mit dem der erstmalige Erwerb von Wohneigentum für Familien mit Kindern gefördert wird. Bis ins Jahr 2024 steigen diese Mittel auf jährlich 970 Millionen Euro an.

Darüber hinaus unterstützen wir Familien und Alleinerziehende. Mit dem Kinderbonus und der Erhöhung des Zuschlags für Alleinerziehende haben wir in der Krise zielgerichtete Instrumente geschaffen. Neben der finanziellen Unterstützung wollen wir aber auch eine erstklassige Kinderbetreuung fördern. Mit dem Programm Ganztagsschule und Ganztagsbetreuung unterstützen wir konkret Familien und Alleinerziehende. Hierfür sind im Jahr 2021 erneut je 500 Millionen Euro veranschlagt. Zudem werden dem Sondervermögen Kinderbetreuungsausbau weitere 500 Millionen Euro bereitgestellt.

Die SPD sieht in der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ein zentrales Element, um den Zusammenhalt in unserem Land zu sichern. Deshalb ist es gut, dass vorletzte Woche der Deutsche Bundestag und der Bundesrat die nötige Grundgesetzänderung beschlossen haben, um den kommunalen Solidarpakt umzusetzen. Gerade in Zeiten der Krise ist die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen essentiell. Deshalb tragen Bund und Länder 2020 die Mindereinnahmen der Kommunen aus der Gewerbesteuer durch Bund und Länder. Außerdem wird sich der Bund permanent mit einem höheren Anteil an den Kosten der Unterkunft (KdU) für Arbeitssuchende beteiligen. Dies schlägt sich in den Ausgaben für den Bund aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende nieder, die im Jahr 2021 34,4 Milliarden Euro betragen und bis 2024 auf jährlich 36,1 Milliarden Euro anwachsen werden.

Für die innere Sicherheit steigen die Mittel gegenüber dem bisherigen Finanzplan erneut an, auf rund 6,9 Milliarden Euro im Jahr 2021. Neben den im Koalitionsvertrag vereinbarten 7.500 neuen Stellen für Sicherheitsbehörden des Bundes will die Bundesregierung auch die Demokratie aktiv stärken. Deshalb werden die Mittel für Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie auf 151 Millionen Euro mehr als verdoppelt.

Mit zusätzlichen Mitteln von insgesamt rund 3,85 Milliarden Euro für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe werden die Ausgaben im Jahr 2021 gegenüber der bisherigen Finanzplanung deutlich erhöht. Damit steigt der Beitrag der Mittel aus dem Bundeshaushalt an den direkten deutschen Aufwendungen für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit erneut an. Der Verteidigungshaushalt wird um 1,6 Milliarden Euro aufgestockt und verstetigt.

Ihr seht, mit diesem Haushalt sind wir gut für die Herausforderungen gerüstet und können eine Vielzahl sozialdemokratischer Ziele auch im nächsten Jahr angehen. Über den weiteren Gang der Beratungen halte ich Euch gerne auf dem Laufenden.

Herzliche Grüße und bleibt gesund!

Dr. Joe Weingarten, MdB